Bibliographie/Quellen

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Wirth, Paralogismoi (VD16: W 3617)

Wirt, Johannes (auf Titel)

PARALOGISMOI. [gr.]
HOC EST,
ARGV=
menta noua &
INSIGNIA IMPIAE SA
GACITATIS ET PERVERSI STV
dij Carnis, Rationisque humanae, in tuendis proprijs
inuentis ac erroribus salutis, contra Scriptu
ram et manifestam ueritatem.
CONFVTATA PER
Ioannem Wirt Francum.
LVCAE XVII.
Cum feceritis omnia quae praecepta sunt uobis,
dicite, Serui inutiles sumus, quod
debuimus fecimus.
FRANCOFORTI
ANNO M.D.LVI.

Gegner:
Majoristen (aus Text oder Kolophon)

Druck

Erscheinungsort
Frankfurt a. M. (auf Titel)
Drucker
Braubach, Peter (erschlossen)
Erscheinungsjahr
1556 (auf Titel)
Kommentar Druck
Lindenblatt auf Titelseite
Umfang und Format
72 Seiten 8°
VD 16-Nummer
W 3617
Bestandsnachweis HAB
K 295.8º Helmst. (8)
Weitere Exemplare
990.94 Theol. (3); 1165.10 Theol. (7)
Digitalisat
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Inhaltsbeschreibung

Kontroverse
Majoristischer Streit
Kommentar
Anfang der 1550er Jahre kam es unter den Predigern in Nordhausen zum Streit um die majoristische These von der Notwendigkeit der guten Werke zum Heil. 1554 erreichte der Streit seinen Höhepunkt. Auf der majoristischen Seite standen Jakob Sybold, sein Diakon Laurentius Tunger und Johann Noricus. Ihre Gegner waren Antonius Otho und sein Diakon Lampert Faust, Johannes Wirth, sein Diakon Martin Hartkese und Andreas Weber, Pfarrer in Nordhausen-Altendorf. Ende März 1555 kam es zu Verhandlungen, die von Alexander Alesius, Erasmus Sarcerius und Erhard Schnepf geleitet wurden. Man einigte sich auf einen Vertrag, der von allen Nordhausener Theologen unterschrieben wurde und durch ein Ratsdekret bestätigt wurde. Der Vertrag enthielt ein Bekenntnis zur Notwendigkeit guter Werke unter Ausschluss einer Notwendigkeit zur Seligkeit. Dass der Streit damit nicht beigelegt war, belegt dieser Druck von 1556, in dem Johannes Wirth aus Franken, seit 1553 Pfarrer an St. Petri in Nordhausen bis zu seinem Tod 1557, die majoristische Position in vier Trugschlüssen darstellt, um sie ausführlich zu widerlegen. Die Vertreter der Notwendigkeit guter Werke seien von der Lehrform Luthers abgefallen und verfolgten die standhaften Verteidiger der Wahrheit. Es sei ein Anliegen der Papisten seit nunmehr 30 Jahren, die Notwendigkeit guter Werke zu erhalten. Als die majoristische Irrlehre entstanden sei, hätten sie sofort viele rechtgläubige Theologen zurückgewiesen. Doch nun zeige sich, dass viele dieser Theologen ihre Meinung geändert hätten. In Nordhausen sei es zum Streit um die majoristische Frage unter den Predigern in Nordhausen gekommen. Wirth möchte diese Irrlehre in vier Trugschlüssen darstellen, um sie dann widerlegen zu können. These I: Wie allein der Glaube zum Heil notwendig ist, so auch der ganze Glaube. Der ganze Glaube zerfällt in zwei Teile, den rechtfertigenden und den handelnden. Weil der ganze Glaube zum Heil notwendig ist, sind auch die guten Werke notwendig zum Heil. Diese These widerlegt Wirth nun, indem er zunächst darauf hinweist, dass der Glaube seinen Namen nicht von den Werken habe, sondern von den Verheißungen, denen er zustimme und auf die er sich verlasse. Der Glaube rechtfertige nicht, weil er gute Werke habe, sondern weil er den evangelischen Verheißungen glaube und ihnen vertraue. So nennen Hebr 11,1 den Glauben ein Vertrauen auf Sachen, auf die man hofft. In dieser Glaubensdefinition sei keine Rede von den guten Werken. Vielmehr müsse gelten, dass der Glaube nicht in zwei Teile zerfalle, aber eine zweifache Aufgabe habe. Es sei ein und derselbe Glaube, der rechtfertige und bei den guten Werken zur Hand sei. Denn was nicht aus dem rechtfertigenden Glauben heraus getan werde, sei Sünde. Der Glaube zeige sich nach außen in den Werken, die aber ihrerseits nichts zur Rechtfertigung beitragen könnten. Darum seien gute Werke auch nicht nötig zur Seligkeit. These II: Das Heil besteht nach Augustin in der Hoffnung und real. Zum Heil, das in der Hoffnung besteht, genügt der Glaube. Zum realen Heil, das in der irdischen Realität vonstatten gehe, sind auch die guten Werke nötig. Die Verknüpfung von Glauben und guten Werken wird auch im Endgerichtsgleichnis Mt 25 thematisiert. Wirth widerspricht zunächst der Deutung der augustinischen Rede vom Heil in spe et in re. Diese Unterscheidung Augustins sei eine zeitliche. Es sei ein und dasselbe Heil, das sich nur im Hinblick auf die Zeit voneinander unterscheide. Im irdischen Leben sei das Heil nur der Hoffnung zugänglich, für die irdischen Augen jedoch unsichtbar. In der eschatologischen Vollendung hingegen werde das Heil sichtbar werden und real vor Augen treten. Wer in der Heilshoffnung gewiss sei, der werde auch an der jetzt noch ausstehenden realen Rettung beteiligt werden. Darum sei es ein Irrtum, zu meinen, dass für die Rechtfertigung in re die guten Werke notwendig seien. Der Zugang zu dem einen Heil sei allein der Glaube. Die guten Werke hingegen seien vollständig aus der Rechtfertigung herauszuhalten. These III: Der lebendige Glaube ist notwendig zum Heil und hat die guten Werke bei sich. Fehlen die Werke, so ist der Glaube nach Jak 2 tot. Darum sind die guten Werke nötig zur Seligkeit. Wäre auch der tote Glaube in der Lage, den Menschen zu rechtfertigen, dann hätte Paulus in 1 Kor 13 den Glauben nicht mit der Liebe verbunden. Wirth nimmt zur Widerlegung dieser These eine Unterscheiduing zwischen dem heilbringenden Glauben und dem lebendigen Glauben vor. Der lebendige Glaube sei durch gute Werke ausgezeichnet, die als Früchte der Rechtfertigung entstünden. So sei der Glaube für die Werke nötig und nicht umgekehrt. Die Werke trügen nichts bei zum Heil. Ebenfalls müsse zwischen totem und heilbringendem Glauben unterschieden werden. Der tote Glaube entbehre aller Werke, während der heilschaffende ohne Werke rechtfertige. Dies sei der Grund, warum die beiden so leicht verwechselt würden. Der tote Glaube habe nach Jakobus überhaupt keine Werke. Er ist somit nicht überhaupt kein Glaube, sondern ein falscher Glaube. Der heilbringende Glaube entbehre nicht der guten Werke, sondern rechtfertige ohne sie so, als wären keine Werke vorhanden. Die Bezeichnung „wahrer Glaube“ bezeichne so eine Eigenschaft und nicht die Natur oder Substanz des Glaubens. Der tote Glaube hingegen zeige einen Raub am Glauben an. Wie nun der lebendige Glauben aus dem heilsbringenden erwachse und seine Folge darstelle, so wachse der tote Glauben aus dem falschen Glauben. Darum sei die Folgerung falsch, die behaupte, dass der tote Glaube rechtfertige, wenn die Werke nicht nötig zum Heil seien und vom Glauben getrennt werden müssten. Der wahre Glauben sei inhaltlich zu bestimmen als gewisses und festes Vertrauen auf die Barmherzigkeit, die verheißen werde um Christi willen. Dieser wahre Glauben enthalte den rechtfertigenden, den lebendigen und tätigen Glauben und alle Früchte und Folgen. Der falsche Glauben hingegen sei inhaltlich zu bestimmen als bloße Meinung, die aus den Verheißungen Gottes genommen sei. Er erkenne die Verheißungen an, aber vertraue nicht auf sie. Darum werde er auch toter Glaube genannt, weil er aller Früchte und Werke entbehre. Er sei eine Zustimmung zum Evangelium, kein Herzensglauben. Die pseudolutherischen Vertreter der Notwendigkeit guter Werke zerstörten den wahren Glauben, indem sie sich nicht genügen ließen am sicheren Vertrauen des wahren Glaubens, sondern die Werke forderten. Ihr Glaube sei so eine Meinung, geäußert mit dem Mund und in die Zunge fließend, aber nicht hinab gestiegen bis ins Herz hinein. Weil diese Meinung unfruchtbar, tot und leer sei, könne sie keine Früchte des Glaubens und des Evangeliums hervorbringen. Da die Pseudolutheraner aber in der Schrift hören, dass diese Früchte gefordert würden, so schlössen sie daraus, dass der Glaube allein zum Heil nicht ausreiche und forderten die Werke als nötig zum Heil. These IV: Der wahre Glaube allein sei nötig zum Heil. Gute Werke hängen mit dem wahren Glauben notwendigerweise zusammen, sind mit ihm verknüpft. Darum sind die guten Werke nötig zum Heil. Wirth weist in seiner Widerlegung darauf, dass auch wenn der wahre Glauben immer die guten Werke bei sich habe, er doch darum nicht wahrer Glaube genannt werde, sondern weil er den göttlichen Verheißungen vertraue und ihnen glaube. Die guten Werke seien Akzidenzien des Glaubens, die zwar mit dem Glauben unlöslich verbunden seien, nicht aber so, dass sie den Menschen erretten können. Die guten Werke als Folge der Rechtfertigung und des Glaubens seien vielmehr zur deutlichen Kundgabe des Glaubens dem nächsten gegenüber da. In der Rechtfertigung müsse der Glaube von den guten Werken getrennt werden, denn die Schrift rede vom Glauben im Kontext der Rechtfertigung nicht in concreto, also derart, dass er mit den Werken verbunden wäre. Nach der Widerlegung der vierten und letzten gegnerischen These macht Wirth einen Vergleich zwischen den Pseudolutheranern und den Antinomern auf. Diese lehrten folgenden Trugschluss: Was die Sünden groß mache, sei aus der Kirche zu entfernen. Das Gesetz und die Bußpredigt machten die Sünden groß. Also sei das Gesetz aus der Kirche zu entfernen. Wirth widerlegt nun diese These durch den Hinweis darauf, dass das Gesetz nicht die Sünden an sich groß mache. Es zeige die Sünden an und mache sie offenbar, erzeuge sie aber nicht. Die Pseudolutheraner behaupteten bislang die Gültigkeit des sola fide zusammen mit ihrer Notwendigkeit guter Werke. Das werde auf die Dauer nicht gut gehen, denn die Sätze widersprächen sich. Sie müssten sich entscheiden, welche der beiden Positionen sie vertreten wollten. Die Schrift endet mit Disputationsthesen Luthers zum Thema.

Zitierhinweis

Wirth, Paralogismoi, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/a82571ee-ce31-470e-b480-3672f291c5b6>. (Zugriff am 26.04.2024)

Dieser Text steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.

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