Bibliographie/Quellen

Zur Übersicht

2063 Quellen in dieser Liste. Sie sehen die Quelle 1343.

Garcaeus, De praedestinatione (VD16: G 458)

Garcäus, Johannes d. J. (auch Garze, Gartz u.ä.) (auf Titel)

DE PRAEDESTINATIONE
SIVE ELECTIONE, ET
INDVRATIONE,
PIA ET SANA
ECCLESIARVM NOSTRARVM
sententia, scripta studio &
amore veritatis,
per
IOHANNEM GARCAEVM,
Pastorem Ecclesiae DEI in noua
arce Brennonis.
Addita est Epistola S. Patris Lutheri ad
personam tentatam de
Praedestinatione.
ANNO M. D. LXVI.

Druck

Erscheinungsort
Wittenberg (aus Text oder Kolophon)
Drucker
Selfisch, Samuel (aus Text oder Kolophon)
Erscheinungsjahr
1566 (auf Titel)
Kommentar Druck
Druckermarke auf Titelblatt
Umfang und Format
72 Blatt 8°
VD 16-Nummer
G 458
Bestandsnachweis HAB
G 272.8° Helmst. (2)
Weitere Exemplare
895 Theol. (2)
Digitalisat
Verknüpfung zu Volltextdigitalisat - Externes Angebot

Inhaltsbeschreibung

Kontroverse
Prädestinatianischer Streit
Kommentar
In dieser umfangreichen Schrift entwickelt der Superintendent von Neubrandenburg, Johannes Garcaeus d.J., in Abgrenzung von reformierten Positionen eine lutherische Fassung der Prädestinationslehre. Garcaeus beginnt mit dem seelsorgerlichen Hinweis darauf, dass der universale Heilswille Gottes fest steht. Dies helfe bei Anfechtungen über die Frage, ob man selber zur Zahl der Erwählten gehöre oder nicht. Die Prädestination sei inhaltlich zu bestimmen als ein ewiges Dekret Gottes, durch das er sich eine Kirche aus dem menschlichen Geschlecht erwählt habe, die erlöst sei um des Gehorsams, Leidens und Sterbens Jesu Christi willen. Die Prädestination könne aber auch als ewiges Dekret Gottes bezeichnet werden, die Gottlosen zu verwerfen gemäß der Offenbarung des Evangeliums. Dieser verborgene ewige Wille Gottes sei in seinem Wort offenbart. Gott habe in diesem Dekret festgelegt, dass alle, die in Gemeinschaft mit Christus leben, gerettet werden und alle, die ohne ihn lebten, zugrunde gehen. Der einzige Grund für die Erwählung sei in Gottes Barmherzigkeit zu suchen. Schon im Paradies habe Gott seinen Heilswillen in Christus offenbart. Christus lasse sein Heil umsonst allen zukommen, die es im Glauben annehmen, ergreifen und bewahren. Der Glaube nehme so die Wohltaten Christi in Empfang. Auch wenn die Erwählung an die Bedingung des Glaubens gebunden sei, so könne sie doch nicht als Verdienst bezeichnet werden, sondern sie sei das Instrument, durch das Christi Wohltaten ergriffen werden. Die göttliche Erwählung könne ausschließlich a posteriori aus dem göttlichen Wort entnommen werden. Alle Überlegungen über den Willen Gottes, die sich vom offenbarten Wort entfernen und etwa einen Unterschied im Willen Gottes den Erwählten und den Verdammten gegenüber konstruierten, führten in die Irre. Das Evangelium offenbare a posteriori das göttliche Dekret, alle Glaubenden zum ewigen Leben führen zu wollen. Der Mensch habe nur Kenntnis über die Erwählung aus der Offenbarung Gottes heraus. Jeder Versuch, die Geheimnisse Gottes abseits seiner Offenbarung erforschen zu wollen, sei darum von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Darum sind die Menschen für Garcaeus an die Wirkungen des ewigen Dekrets gewiesen. Die wichtigste Wirkung sei in der Berufung zu sehen, die in Wort und Sakrament der Kirche geschehe. Rechtfertigung, Heiligung und Verherrlichung seien weitere Folgen der göttlichen Erwählung. Auch wenn Gott von Ewigkeit vorhergesehen habe, wer zugrunde gehen wird und wer zu ihm zurückkehren wird, so enthalte doch dieses Vorherwissen keine faktische Notwendigkeit in sich. Vielmehr sei festzuhalten, dass Gott keineswegs den Tod des Sünders wolle. Gott zwinge niemanden zum Sündigen, er sehe aber diejenigen voraus, die mit ihrem eigenen Willen sündigten. Gott sehe alles, was er selber bewirke, voraus, bewirke aber nicht alle Dinge, die er voraussieht. So sei er mitnichten der Urheber des Bösen, sondern bestrafe vielmehr das Böse. Auch wenn die Erwählung im Willen Gottes universal in Christus sei und Gott alle Menschen retten wolle, so sei seine Erwählung doch nur a posteriori zu erkennen und die Erwählten nur in der Zahl der Berufenen zu suchen. Denn viele sind berufen, aber nur wenige erwählt. Der Sinn der Prädestinationslehre, wie sie im Evangelium offenbart sei, bestehe darin, die Güte Gottes bekannt zu machen. Gott habe den Menschen zum ewigen Leben hin geschaffen, nicht damit er verloren gehe. Durch sein Erlösungswerk in Christus wollte Gott die gesamte Menschheit zu sich zurückführen. Seine Liebe erstrecke sich auf die ganze Menschheit. Die Verheißung im Paradies, dass Christus den Kopf der Schlange zertreten werde, beziehe sich auf die ganze Menschheit, da die beiden Erzeltern für die ganze Menschheit stünden. Die Gebote und Verheißungen Gottes seien universal. Darum seien die Positionen entschieden abzulehnen, die davon ausgingen, dass Gott nur einen Teil der Menschen retten wolle und die anderen mit einer stoischen Notwendigkeit zum Untergang bestimmt habe. Denn diese Position ginge von einer ewigen Erwählung oder Prädestination aus, in der Gott einige Menschen mit seiner Barmherzigkeit gewürdigt habe und andere in der Strenge seiner Gerechtigkeit zu ihrem Verderben vorherbestimmt habe. Denn das Geschenk der Bekehrung sei nicht allen Menschen gemeinsam, auch nicht im Willen Gottes. Die Vertreter dieser Lehre redeten von einer schicksalshaften Notwendigkeit, mit der die Gnade den Erwählten zuteil würde und die Verwerfung den Verdammten gemäß dem verborgenen Willen Gottes, der sich derer erbarme, derer er olle und diejenigen verstocke, die er wolle. Diese stoischen Gedanken seien Blendwerke des Teufels und Schlingen des Gewissens, die zur Verzweiflung führen könnten. Die Rede von einer ewigen praedestinatio gemina enthalte vieles, das mit dem christlichen Glauben nicht übereinstimme. Sie mache Gott ungerecht, indem sie davon rede, dass Gott die Menschen mit ungleichem Willen behandle. Sie stelle in Gott zwei konträre Willen fest, drehe damit die göttlichen Verheißungen um und mache aus universalen Aussagen partikulare. Konfrontiere man die Christen mit dieser Lehre vom ewigen Dekret Gottes, so führe dies zu Zweifeln, ob man selber erwählt sei, und die Heilsgewissheit werde zerstört. Außerdem habe dieses Konzept die Missachtung der göttlichen Heilsmittel zur Folge, da sie auch nichts mehr ändern könnten an der ewigen Erwählung Gottes. Diese Position führe direkt zu der blasphemischen Aussage, dass Gott selber die Menschen verhärte und blind mache und auf diese Weise der Urheber der Sünde sei und die Verbrechen des Pharao, Sauls und anderer wolle. Diese stoischen Paradoxe seien zu widerlegen aus dem offenbarten Wort Gottes und die Erwählung sei zu bestimmen aus der göttlichen Offenbarung. Denn man könne nicht auf andere Weise über den Willen Gottes denken, als Gott selbst ihn offenbart habe. Der Wille Gottes könne unmöglich außerhalb von seinem Wort gesucht werden. In der Tat gebe es zwar verborgene Mysterien über das Wesen und den Willen Gottes, die erst in der Ewigkeit erkannt werden. Doch sei die Überlegung über einen verborgenen und geheimen Willen Gottes zu unterlassen, weil er in seinem Wort erkannt werden wolle. Der Sohn Gottes sei für die ganze Welt gestorben und für alle Menschen. Darum sei es falsch zu sagen, dass Gott in seinem geheimen Rat eine bestimmte Zahl von Menschen habe, die allein er retten möchte. Die Kennzeichen der Erwählung oder die Zeichen, die den Verbund der Erwählten anzeigten, seien die Stimme des Evangeliums, der Glaube, die wahre Anrufung Gottes, der neue Gehorsam, der Gebrauch der Sakramente und das Beharren im Glauben. Wer getauft sei, Christus als Gekreuzigten und Auferstandenen habe, das Evangelium, die Sakramente, die Lossprechung von den Sünden und das Licht Jesu Christi in seinem Herzen, der gehör mit Sicherheit zu den Auserwählten und dürfe sich keine Gedanken mehr machen, ob er zur Zahl der Auserwählten gehöre. Denn das seien die Zeichen, mit denen der Sohn Gottes bezeuge, dass ein Mensch zu den Erwählten gehöre, denen er das Heil schenken werde. Diejenigen seien die Erwählten und Prädestinierten, die Christus im Glauben annähmen und in diesem Glauben bis an ihr Ende beharrten. Auch wenn der Mensch mit seinen natürlichen Kräften zu seiner geistlichen Wiedergeburt nichts beitragen könne und alle an der Barmherzigkeit Gottes liege, so ziehe Gott den Menschen zu sich. Doch bleibe der Mensch frei, diesem Ziehen zu widersprechen. Der Mensch müsse das Wort Gottes bedenken und in diesem Bedenken sei der Heilige Geist wirksam und ziehe den Menschen zu Gott. Der menschliche Wille sei aber nicht rein passiv in der Bekehrung, sondern er könne dem Wort gehorsam sein, ihm nicht widersprechen und dem Heiligen Geist zustimmen. In dem Menschen bleibe auch nach dem Fall eine Fähigkeit vorhanden, durch die er wiedergeboren und bekehrt werden könne, die nicht in einem Stein, einem Zugtier oder einer Statue zu finden sei. Der Mensch sei durch seine Taten und seinen Geist deutlich zu unterscheiden von nicht beseelten Geschöpfen. Sollte die Entscheidung über die Annahme oder Abkehr vom Wort Gottes nicht im menschlichen Willen selber liegen, dann müsste man Gott für die Annahme oder Abkehr verantwortlich machen. Dagegen sei festzuhalten, dass derjenige, der Gott wissentlich ablehnt und sich dazu entscheide, unter der Herrschaft des Satan weiter zu leben, von Gott verworfen werde. Die Verwerfung sei inhaltlich zu bestimmen als ewiges Dekret im Willen Gottes, das im Evangelium offenbart sei, die Menschen von aller Gnade und Gemeinschaft Gottes abzutrennen, die ihn ablehnten und gegen ihr Gewissen willentlich in ihren Sünden verharrten. Diese Verwerfungslehre impliziere aber keine partikulare Verwerfung einzelner Menschen, die es ihnen unmöglich machte, das ewige Heil zu erlangen. Auch geschehe die Verstockung nicht nach schicksalshafter Notwendigkeit oder durch eine innere Wirksamkeit Gottes, wie die Stoiker gemeint haben, sondern die Gottlosen werden durch ihre eigene Bosheit verstockt, die die Gnade und den Heiligen Geist zurückweist und sich ganz dem Teufel hingibt. Der Mensch sündigt mit Notwendigkeit aufgrund seiner durch den Fall verdorbenen Natur, nicht aber aufgrund einer Tätigkeit Gottes (necessitas consequentis). Der Fall des Menschen ist nicht aufgrund der Vorhersicht Gottes geschehen, sondern aufgrund der freien Willensentscheidung des Menschen, die Gott vorhergesehen hat.

Zitierhinweis

Garcaeus, De praedestinatione, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/aa0258dc-5ac0-4b83-97ef-6b60d06174f8>. (Zugriff am 28.03.2024)

Dieser Text steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.

Zur Übersicht