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Chemnitz, Martin

GND: 118829157

lutherischer Theologe

Am 9. November 1522 in Treuenbrietzen geboren, besuchte C. ab 1539 die Schule in Magdeburg, bevor er 1543 sein Studium in Frankfurt a.d. Oder aufnahm. 1545 wechselte er nach Wittenberg und begann er auf Anraten Melanchthons mit dem Studium der Mathematik und Astrologie. Bei Martin Luther besuchte er nur wenige Vorlesungen. 1547 wechselte C. auf Empfehlung Melanchthons nach Königsberg, wo er zum Magister promoviert wurde. Am 5. April 1550 erhielt er die Bibliothekarsstelle am Hof Albrechts von Preußen. Dies ermöglichte ihm ein umfassendes Studium patristischer Texte, exegetische Studien, die Lektüre der Schriften des Petrus Lombardus und der Postillen Luthers. Wie Mörlin bezog Chemnitz Position gegen den ebenfalls in Königsberg lehrenden Osiander und dessen Gegner Staphylus. Am 3. April 1553 verließ C. Königsberg und kehrte nach Wittenberg zurück, wo er bald zum engsten Schülerkreis Melanchthons gehörte. Am 15. Januar 1554 wurde er Mitglied der philosophischen Fakultät und hielt ab Mai desselben Jahres Vorlesungen über Melanchthons loci theologici. Während der Zeit vom 6. bis zum 12. August 1554 besucht er auf Bitten Mörlins Braunschweig und wurde dort zu dessen Stellvertreter als Stadtsuperintendent berufen. Am 25. November durch Bugenhagen ordiniert, wurde er am 12.12. in das geistliche Ministerium der Stadt Braunschweig aufgenommen und trat am 15.12. sein neues Amt an. Als C. im Januar 1557 an den Vermittlungsgesprächen der niedersächsischen Städte zwischen Flacius und Melanchthon in Wittenberg und Koswig teilnahm, bei denen die theologischen Differenzen nicht überwunden werden konnten, zerbrach die Freundschaft von Melanchthon und C. 1557 nahm C. am Wormser Religionsgespräch teil. Das 1560 gedruckte Gutachten Melanchthons zur Abendmahlsfrage in der Kurpfalz und die Entlassung Albert Hardenbergs im Februar 1561 im Kontext einer Abendmahlsdebatte bewogen ihn dazu, mit seiner Repetitio einen Beitrag zum abendmahlstheologischen Streit zu verfassen, in dem zum ersten Mal sein Verständnis der communicatio idiomatum in drei genera vorgetragen wurde. 1565 verfasste C. sein Examen Concilii Tridentini, eine kritische Stellungnahme zu den tridentinischen Konzilsbeschlüssen. Durch das Maulbronner Kolloquium von 1564 kam er in Kontakt mit der Christologie des Johannes Brenz, die er mit der von Wittenberg aus vertretenen Lehre zu vermitteln suchte. Nach der Rückkehr Mörlins nach Preußen wurde C. am 15.10.1567 zu dessen Nachfolger als Stadtsuperintendent ernannt und 1568 in Rostock zum Doktor der Theologie promoviert. Am 28. Juli 1568 wurde C. durch Herzog Julius zur Reformation von Braunschweig-Lüneburg berufen. In Jakob Andreae und ab 1570 auch in Nikolaus Selnecker gewann der Herzog zwei weitere Theologen, die zusammen mit ihm diese Aufgabe durchführten. 1570 veröffentlichte C. mit De duabus naturis in Christo sein christologisches Hauptwerk, dem er im selben Jahr mit den Fundamenta de vera et substantiali praesentia eine Schrift zur Abendmahlstheologie an die Seite stellte. Als die Wittenberger theologische Fakultät im Januar 1571 einen neuen Katechismus und im Juni ihre „Grundfest“, bewusst auch als Abwehr gegen die „neue“ Art der Braunschweiger Christologie, veröffentlichte, beteiligte sich C. maßgeblich an der Abfassung eines Bekenntnisses, das die Unterschriften aller niedersächsischer Territorien erhielt und von den Wittenbergern eine deutliche Absage an die Positionen Zwinglis und Calvins forderte. Nach dem Sturz der Wittenberger Theologen von 1574 arbeitete C. mit an dem Konkordienprojekt Andreaes, das in der Konkordienformel von 1577 und dem Konkordienbuch von 1580 seinen Abschluss fand. Seine Schrift De duabus naturis in Christo wurde dabei entscheidend für die Abfassung des Artikels VIII der Konkordienformel „Von der Person Christi“. Als Herzog Julius 1578 seine beiden jüngeren Söhne tonsurieren und seinen ältesten Sohn nach römischem Ritus als Bischof weihen und einführen ließ, beantwortete C. dieses Verhalten mit scharfem Protest. Es kam zum Zerwürfnis zwischen dem Stadtsuperintendenten und seinem Landesherrn. Doch unterzeichnete Julius am 6. Februar 1580 das Konkordienbuch. Am 9. August 1584 legte C. sein Amt nieder, starb am 8. April 1586 und wurde in der Martinikirche in Braunschweig begraben.

Quellen

1560
Anatome propositionum Alberti Hardenbergii de coena Domini, deutsch; C 2149  (Autor)
Anatome propositionum Hardenbergii de coena; C 2148  (Autor)
Fundamenta sanae doctrinae de vera et sbstantiali praesentia, exhibitione et sumtione corporis et sanguinis in coena. [deutsch]; C 2211  (Autor)
Fundamenta sanae doctrinae de vera et substantiali praesentia, exhibitione et sumtione corporis et sanguinis Domini in coena [deutsch]; C 2212  (Autor)
Fundamenta sanae doctrinae de vera et substantiali praesentia, exhibitione et sumtione corporis et sanguinis in coena [deutsch]; C 2213  (Autor)
Repetitio doctrinae de praesentia; C 2207  (Autor)
1567
Repetitio corporis doctrinae; P 4795  (Autor)
Repetitio corporis doctrinae; P 4794  (Autor)
1567
Chemnitz, Propositiones de persona Filii Dei; C 2204  (Autor, Promovend)
1569
Chemnitz, Fundamenta doctrinae de vera et substantiali praesentia; C 2209  (Autor)
Chemnitz, Fundamenta doctrinae de vera et substantiali praesentia; C 2209  (Autor)
Chemnitz, de duabus naturis in Christo; C 2162  (Autor)
1570
De peccato originis contra Manichaeorum delirium; P 1093  (Autor)
Treuherzige Warnung wider den neuen calvinischen Katechismus; C 2222  (Autor)
1572
Pezel, Wittenberger Katechismus; C 1556  (Gegner)
1577
Chemnitz, De duabus naturis in Christo; C 2163  (Autor)
Ottho, De Jacobina formula; O 1484  (Gegner)
1579
Chemnitz, De duabus naturis in Christo; C 2164  (Autor)
1580
Theses de duarum Naturarum in Christo Hypostatica; --  (Autor)

Zitierhinweis

Chemnitz, Martin, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/ad5c0894-ffab-4a79-9f13-e946f92c3827>. (Zugriff am 19.04.2024)

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