Bibliographie/Quellen

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Wächterstimme wo und in was Stücken wider die AK gelehrt wird. (VD16: G 313)

Gallus, Nikolaus (eigentlich Hahn) (auf Titel)

Wächterstimme /
Nic. Galli.
Wo vnd in was Stü=
cken / vnter dem Namen Lutheri / der
Augspurgischen Confession vnd H. Schrift /
Wider Lutherum / wider die Augspurg. Conf.
vnd H. Schrifft jtzo gelehret wird /
Den Christen zur
warnung.
Johan. xv.
Wenn ich nicht kommen were / vnd hette es jhnen
gesagt / so hetten sie keine Sünde / Nu aber können sie
nichts fürwenden / jre Sünde zuentschuldigen.
ij. Thessa. ij.
Dafür / Das sie die liebe zur warheit haben faren
lassen / das sie selig würden / Darumb wird jnen Gott
krefftige Jrthume senden / das sie gleuben der Lügen /
Auff das gerichtet werden alle / die der warheit nicht
gleuben / sondern haben lust an der vngerechtigkeit.
Gedruckt zu Regenspurg / durch
Heinrichen Geißler.

Druck

Erscheinungsort
Regensburg (aus Text oder Kolophon)
Drucker
Geißler, Heinrich (aus Text oder Kolophon)
Erscheinungsjahr
1560 (unsicher)
Kommentar Druck
Schottenl., Regensburg 159
Umfang und Format
16 Bl. 4°
VD 16-Nummer
G 313
Bestandsnachweis HAB
183.22 Theol. (12)
Weitere Exemplare
J 173.4º Helmst. (8); Yv 2002.8º Helmst.; 283.27 Theol. (6); 350.4 Theol. (4); 422.1 Theol. (5); 500.10 Theol. (1)
Digitalisat
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Inhaltsbeschreibung

Kontroverse
Adiaphoristischer Streit
Kommentar
Im Jahre 1560 ließ der lutherische Theologe und Reformator Regensburgs, Nicolaus Gallus, bei dem Drucker Heinrich Geißler in Regensburg eine deutlich gegen die mit Kurfürst Moritz von Sachsen zusammenarbeitenden, Theologen um Philipp Melanchthon, Johann Pfeffinger und Johannes Brenz gerichtete Streitschrift in Druck gehen. Darin bezieht sich Gallus indirekt auf den theologischen Inhalt der so genannten „Leipziger Artikel“, mit Hilfe derer die kursächsische Administration auf die religionspolitischen Herausforderungen des 1548 publizierten Augsburger Interims reagierte. Dieses gegenüber der kaiserlichen Religionspolitik zumindest teilweise kompromissbereite Vorgehen von Seiten einiger Wittenberger Theologen um Melanchthon wurde jedoch von Gelehrten wie Matthias Flacius Illyricus oder Nikolaus von Amsdorf als Abfall von der wahren evangelischen Lehre bewertet und schroff verworfen. Den so genannten „Philippisten“ warf man von dieser Seite die vermeintliche Verfälschung des Evangeliums und der reformatorischen Glaubensinhalte vor. In den Kontext der sich aus jener Gemengelage um die Einführung der Bestimmungen des Interims bzw. der Leipziger Artikel ergebenden Streitigkeiten ist auch der vorliegende Gallus-Traktat einzuordnen. Nicolaus Gallus hatte bereits während der 1540er Jahre in Regensburg als Reformator gewirkt, später jedoch eine Pfarrstelle an St. Ulrich in Magdeburg angetreten. Im Zuge der nach dem Erlass des Augsburger Interims aufflammenden Streitigkeiten zwischen Altgläubigen und Evangelischen einerseits, aber durchaus auch innerhalb des protestantischen Lagers andererseits, schloss sich Gallus beherzt der Sache des Flacius und Amsdorfs an und agitierte forthin ebenfalls gegen die philippistischen Theologen. Seinen eigenen Angaben zufolge ist die Schrift „Wächterstimme Nic. Galli“ sowohl gegen die „Verfälscher“ – eben jene mit dem sächsischen Kurfürsten kooperierenden Gelehrten um Melanchthon, aber durchaus auch Calvinisten oder die Anhänger Osianders – als auch gegen die so genannten „Papisten“, also die altgläubigen Protagonisten um Karl V., welche durch die Publikation des Interims die vorliegende Krise erst auslösten, gemünzt. Als argumentative Gegner werden Philipp Melanchthon und Johann Pfeffinger namentlich genannt; auch gegenüber Andreas Osiander und Johannes Calvin finden sich ablehnende Einschätzungen. Nicolaus Gallus geht bei seiner Kritik an den kursächsischen Gelehrten und anderen theologischen Gegenspielern systematisch vor und wirft ihnen konkrete Fehldeutungen und inhaltliche Missgriffe vor: Die Philippisten, Calvinisten und Osiandristen hätten die Lehre über den freien Willen des Menschen, die für das reformatorische Glaubensverständnis immens wichtige Rechtfertigungslehre, die Lehre von den guten Werken, das reformatorische Abendmahlsverständnis sowie die rechtgläubigen Auffassungen bezüglich der Adiaphora, d.h. der nicht bekenntnis- und heilsrelevanten, frei wählbaren „Mitteldinge“, bewusst verdreht und verzerrt. Im Gegenzug für ihre Verdrehungen hätten die Philippisten von altgläubiger, also kaiserlicher, Seite einen Frieden erwartet, der jedoch brüchig und trügerisch sei. Gallus verfährt derart, dass er zunächst die angeblichen theologischen Aussagen seiner Gegner paraphrasiert, um diese indirekten Darlegungen dann in einem zweiten Schritt unter jeweiliger Berufung auf verschiedene Schriften Luthers zu widerlegen und damit letztlich als unevangelisch zu entlarven. Er folgt somit dem Schema von „These“ und „Antithese“. Zum Schluss folgt ein zusammenfassendes Resumée. Wie man aus Luthers Ausführungen erkenne, habe der Mensch keinen freien Willen und könne sich daher nicht „aus freien Stücken“ für den Glauben entscheiden, sondern der Glaube ergreife durch Gottes Gnade vom Menschen Besitz, weswegen dieser keinesfalls „aktiv“ an seiner Hinwendung zum rechten Glauben mitwirke. Die Rechtfertigung des Menschen vor Gott ergebe sich allein durch Glaube und Gnade, wie auch immer zu verstehende Werke seien nicht nur unnötig, sondern verstellten auch den Blick auf den eigentlichen Weg zum Heil. Das Brot des Abendmahls sei der wahre Leib, der Wein das wahre Blut Christi, die calvinistische Interpretation des Abendmahls als lediglich symbolisch zu verstehende Kulthandlung sei falsch. Adiaphora an sich seien nicht gegen Gottes Wort, da aber nur allein der Glaube selig mache, so sei es falsch, adiaphoristische Handlungen als scheinbar obligatorisch in den christlichen Gottesdienst zu integrieren und somit den Gläubigen vorzugaukeln, dass eben die Praktizierung dieser Adiaphora heilsnotwendig sei.

Zitierhinweis

Wächterstimme wo und in was Stücken wider die AK gelehrt wird., in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/d984e7ae-4ccf-4603-bf1c-e75c46989798>. (Zugriff am 20.04.2024)

Dieser Text steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.

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