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Daß die Gründe des Gallus gegen die Adiaphoristen noch feststehen (VD16: G 263)

Gallus, Nikolaus (eigentlich Hahn) (auf Titel)

Das die gründe Ni=
colai Galli noch fest stehen / wider
der Adiaphoristen Acta vnd Auszug.
Den Christen zu einem solchen Be=
richt / das sie daraus den gantzen handel leicht
verstehen / fassen vnd vrteilen können / nicht allein der
Adiaphora halb / sondern auch der andern Lehre halb /
Wo vn(d) wie die Adiaphoristen in(n) gar hohen Artickeln /
von der waren Augspurgischen Confession sind abge=
wichen / vnd zum teil noch weichen / darinne ein
newes machen / vnter dem namen der
Augspurgischen Confession.
Disputations weise / Christlich / gütlich /
geschriben.
Gegen der vngeneuten Wittembergischen
Scribenten / grewliche vnchristliche
Lesterschrifft.
Allen Christen zulesen nutzlich / vnd diser zeit
zur warnung nötig.
Regenspurg.
1560.

Druck

Erscheinungsort
Regensburg (auf Titel)
Drucker
Geißler, Heinrich (aus Text oder Kolophon)
Erscheinungsjahr
1560 (aus Text oder Kolophon)
Umfang und Format
72 Bl. 4°
VD 16-Nummer
G 263
Bestandsnachweis HAB
J 173.4° Helmst. (13)
Weitere Exemplare
183.22 Theol. (2); 235.29 Theol. (7)
Digitalisat
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Inhaltsbeschreibung

Kontroverse
Adiaphoristischer Streit
Kommentar
1560 veröffentlichte der gnesio-lutherische Theologe Nikolaus Gallus bei Heinrich Geißler in Regensburg eine gegen die Wittenberger Professoren gerichtete Verteidigungs- und Streitschrift, die sich mit der Frage nach den „Adiaphora“ in religiösen Angelegenheiten befasst. Als Anhänger der flacianischen Kritik gegen das Augsburger wie das Leipziger Interim war Gallus, der zunächst in Magdeburg gewirkt hatte, 1553 nach Regensburg zurückgekehrt, von wo aus er theologische Streitigkeiten mit Melanchthon, Brenz und Pfeffinger ausfocht, indem beide Seiten wechselweise Traktate in Druck gehen ließen. Seit der Publikation des kaiserlichen Religionsedikts, des Augsburger Interims und der als Reaktion von kursächsischer Seite darauf erfolgenden Erarbeitung des so genannten „Leipziger Interims“ entspannen sich zwischen den so genannten Gnesio-Lutheranern um Flacius und Amsdorf einerseits und den mit dem siegreich aus dem Schmalkaldischen Krieg hervorgegangenen Moritz von Sachsen kooperierenden Wittenberger Theologen zwei Kontroversen, die zunächst auf die Frage konzentriert waren, ob es aus evangelischer Sicht legitim sei, aus Gründen des Friedenserhalts teilweise auf die Bestimmungen des Interims einzugehen, zunehmend aber um das Problem der durch das Interim wesentlich tangierten „Adiaphora“ (nicht heils- und bekenntnisrelevante, ethisch wertneutrale Mitteldinge, deren Einhaltung oder Ignorierung den Gläubigen weder von Gott entfernt, noch ihn näher zu Gott hinführt) kreisten. Als Befürworter seiner Positionen nennt Gallus ausdrücklich Matthias Flacius Illyricus, Matthias Judex und Johannes Wigand, die Gegner werden ebenfalls in Gestalt der „Professoren zu Wittenberg“ deutlich namhaft gemacht. Mit ihrer Schrift „Gründlicher vnd warhafftiger Bericht aller Ratschleg vnd antwort“ hatten die Wittenberger im Jahr zuvor summarisch ihre Standpunkte zum adiaphoristischen Streit zusammengefasst und ihre Angriffe auf die gnesiolutherischen Theologen erneuert. Gallus antwortete nun, parallel zu Flacius’ „Gründliche Verlegung des langen Comments der Adiaphoristen oder der verzelung irer handlungen“ und wohl in Absprache mit diesem, in Gestalt der vorliegenden Schrift. Gallus weist darin zugleich die philippistischen Vorwürfe zurück, greift die Wittenberger jedoch ihrerseits auch zum wiederholten Male scharf an. Der Hauptvorwurf besteht darin, dass die Wittenberger die Confessio Augustana, ihre Inhalte und theologischen Aussagen, nicht nur indirekt missachteten, indem sie in der Frage der Adiaphora gegenüber der kaiserlichen Partei und Kurfürst Moritz von Sachsen nachzugeben bereit seien, sondern schlimmer noch im Rahmen des kursächsisch-evangelischen Gottesdienstes völlig ignoriert hätten, ja sogar jede Predigt und jedes Gedenken der Glaubensartikel der CA offen unterbänden, da andernfalls der eklatante Widerspruch zwischen dem rechtgläubigen Verständnis der CA und den Irrlehren der Adiaphoristen für die jeweiligen Gemeindemitglieder offen zu Tagte träte. Zudem verleugneten die Wittenberger die Rechtgläubigkeit der Lehren, die Flacius, Wigand und er, Gallus, selbst verträten und die in der Unvereinbarkeit der evangelischen Lehre mit einer obligatorischen Einführung adiaphoristischer Riten und religiöser Gebräuche offenkundig würden. Insgesamt passt sich Gallus’ Beitrag in die Argumentationslinien des zur Entstehungszeit des vorliegenden Druckes bereits seit etwa zehn Jahren schwelenden Konflikts zwischen „Gnesio-Lutheranern“ und „Philippisten“ ein. Eine Annahme welcher Kompromissformeln mit dem Kaiser oder dem Kurfürsten von Sachsen auch immer, die in den evangelischen Gottesdienst eingriffen, sei in jedem Falle seine Abkehr von der reinen, an den Ideen und Idealen Luthers geschulten, biblisch-christlichen Lehre, selbst wenn dies unter dem Vorwand geschehe, den Frieden im Reich zu bewahren oder nach dem Ende des Schmalkaldischen Krieges Schlimmeres von den evangelischen Reichsständen abwehren zu wollen. Letztlich arbeite ein solches Verhalten stets den Machtinteressen der altgläubigen Seite und in letzter Konsequenz dem Papst in Rom in die Hände, der den Kaiser und dessen politische Einflussmöglichkeiten benutze, um die deutschen Reichsstände beeinflussen zu können. Dass Gallus diesen Text in deutscher Sprache in Druck gehen ließ, zeigt auf, dass in dieser Phase der Streitkultur die Konflikte zwischen Gnesiolutheranern und Philippisten offenbar vor einem breiteren evangelischen Lesepublikum ausgetragen wurden.

Zitierhinweis

Daß die Gründe des Gallus gegen die Adiaphoristen noch feststehen, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/f0a328ba-c546-4da0-86a7-25c6a4f86ce6>. (Zugriff am 19.04.2024)

Dieser Text steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.

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