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Jena, Von den Adiaphoren (VD16: V 2541)

Theologische Fakultät Jena

Von den Adiapho=
ren oder Mitteldingen.
Bekendtnis der Fürstlichen Sech=
sischen Theologen.
Gedruckt zu Jhena /
Anno 1570.

Druck

Erscheinungsort
Jena (auf Titel)
Erscheinungsjahr
1570 (auf Titel)
Kommentar Druck
Ornament auf Titelblatt
Umfang und Format
46 Blatt 4°
VD 16-Nummer
V 2541
Bestandsnachweis HAB
231.81 Theol. (4)
Weitere Exemplare
523.22 Theol. (14); 442.6 Theol. (5)

Inhaltsbeschreibung

Kontroverse
Adiaphoristischer Streit
Kommentar
Erneute Auseinandersetzung der ernestinischen Theologen mit der 11 Jahre vorher erschienenen Verteidigung der Wittenberger in ihren Veröffentlichungen "ex actis synodicis" (W 3725 / W 3727) und der nachfolgenden Diskussion. Ohne Einleitung, Vorrede oder Widmung beginnt der Text unmittelbar mit "Theses" zu den Adiaphora, anfangs den Stil einer akademischen Disputation fingierend, wenn auch nicht numeriert. Mit fortschreitendem Text wandelt sich der Stil zur offenen Polemik. Die Thesen definieren den Gegenstand mit charakteristischer Begriffsfassung: Adiaphora sind Zeremonien, die weder geboten noch verboten sind. Verbotene Adiaphora sind die, die wider das göttliche Wort streiten oder durch Aberglauben, Zwang oder Ärgernis verderbt werden. Die wahre Kirche könne freie, unverbotene Adiaphora für sich aufrichten. Die Obrigkeit dagegen habe keine Macht, der wahren Kirche wider ihren Willen Zeremonien vorzuschreiben. Es sei vielmehr ihre Aufgabe, für gelehrter Pfarrer in den Gemeinden zu sorgen. Ein fremder Pfarrer oder der offenbare Antichrist dürften nicht einer Gemeinde Zeremonien aufdringen. Die Kirche Gottes halte den Römischen Papst für den Antichrist, wovon Luther geweissagt habe. Deshalb sündigten die, die nach Erkenntnis der wahren Lehre wieder zum Papst abfallen und sich in äußerlichen Dingen mit ihm zu einigen bemühen. Diese Kompromisse seien aus Gottes Wort verboten. Etwas anderes sei es jedoch, wenn Gemeinden an Orten mit "zweierley Obrigkeit widerwertiger Religion", die wider ihren Willen Dinge erdulden müßten, die sie nicht ändern können. Taufe und Abendmahl seien keine Adiaphora. Norm und Richtschnur müsse Gottes Wort sein. Adiaphora dürften das Gewissen nicht belasten, sondern müßten frei und ohne Zwang sein. Gebräuchliche Zeremonien seien ohne Not nicht zu ändern und sollten nicht durch Leichtfertigkeit oder Zwang verunreinigt werden oder zu Superstition geraten. Gleichheit solle zwar angestrebt werden, aber ohne Zwang, denn völlige Gleichförmigkeit habe es nie gegeben. Wichtig sei die Einheit in Glauben, Lehre und wahren Sakramenten. Adiaphora sollten zur Erbauung der Kirchen dienen. In Zeiten der Verfolgung seien sie nicht mehr freie Mittel. Aus Mt 10 und 1 K 7 wird die abschließende These als "ware, wolbekandte vnd vnwidderlegliche Regel" abgeleitet: "Wenn ein ding, das an jm selbst ein Adiaphoron vnd frey ist, dahin gereicht, das es 1. wider des glaubens bekentnis sein wil. 2. Oder wil daraus ein not vnd Gebot, 3. oder verdienst vnd Gottesdienst werden, 4. oder zum ergernis geraten, 5. oder bösen schein, 6. abfall vom Glauben, 7. sterckung der feinde vnd verfolger, 8. betrübung der h. Geistes in den schwach gleubigen Christen, 9. vnehre Göttlichs namens, 10. verwüstung der gantzen waren Religion vnd wol angerichteter Kirchen, geberen, So ist es nicht mehr ein frey Mittelding, Sondern wird lauter sünde, verleugnung des Glaubens vnd Abgötterey draus." Die anschließenden Antithesen setzen sich nicht mit Einwänden auseinander, sondern formulieren Fälle, in denen Mißbräuche der Adiaphora betrieben würden, etwa die Einführung von falschen, unnötigen oder zu vielen Zeremonien durch die Obrigkeit, zu viel Latein, Kompromisse mit den Feinden, Nachgiebigkeit gegenüber dem Antichrist, Duldung von päpstlichen Mißbräuchen etc.; die Hypothesen eröffnen dann eine neue Argumentation gegen die Herren Collocutorn", also die Wittenberger Professoren, entlang der Streitpunkte des Interims und anhand der Aussagen in W 3725/27, mit präzisen Seitenangaben und häufig wörtlichen, ausgewiesenen Zitaten. In den 24 numerierten Artikeln der folgenden 40 Blatt legen die Autoren ihre Argumentation ausführlich dar, führen häufig biblische Belege und vor allem Zitate aus den Werken Luthers an, nachdem sie ihre Vorwürfe gegen die Wittenberger jeweils aus deren Schriften belegt haben. Der erste Artikel behandelt die Rechtfertigungslehre, das in Frage gestellte "sola", und Majors Proposition (ohne darauf ausführlich einzugehen.) Es folgen kurze Artikel zur Sündenlehre und zum freien Willen, in denen die darum entstandenen Kontroversen allerdings nicht erwähnt werden, zu den Kirchendienern und zur Busse. Artikel 6 und 7 handeln deutlich ausführlicher von den Sakramenten allgemein und vom Abendmahl. Artikel 8 bis 11 widmen sich Taufe, Firmung, letzter Ölung und Satisfaktion, in denen vor allem die abgöttischen Bräuche wie Salz etc. kritisiert werden. Hier sei den Papisten ohne Not nachgegeben worden. Ausgiebig wird in Artikel 12 die Nachgiebigkeit in der Frage des Primats des Papstes kritisiert und mit umfangreichen Lutherzitaten (zitiert nach den "Jenischen Tomis") verurteilt. Man habe dem Teufel nachgegeben und die unnütze Erwartung gehegt, der Papst werde sich nach Gottes Wort reformieren lassen. Ähnliches gelte für die Bischöfe der römischen Kirche, die im folgenden Artikel, unter anderem mit Berufung auf CA und AC kritisiert werden. Im 14. Artikel zur Ordination wird zum einen der Sakramentscharakter der Ordination zurückgewiesen, zum anderen die Nachgiebigkeit der Adiaphoristen gegenüber den Bischöfen in dieser Frage verurteilt. Artikel 15 bis 18 behandeln andere Zeremonien, in denen nach nachgegeben habe, wie Agenden, das Chrisma, die Vigilien, die Stundengebete und Feiertage. Im 20 Artikel zum Fasten wird die Lösung, das Fastengebot zur weltlichen Ordnung zu erklären, scharf zurückgewiesen. Wenn die weltliche Obrigkeit das Fleischessen verbiete und die Pfarrer dies aus Obrigkeitsgehorsam von den Kanzeln verkündeten, werde daraus Teufelslehre (1 K 4) und Menschensatzung, die der christlichen Freiheit zuwider ist (CA 15). Zwar dürfe die Obrigkeit als äußerliche Ordnung etwa den Verkauf von Fleisch an bestimmten Tagen verbieten, aber es sei etwas anderes, wenn sie an vom Antichrist erwählten Fastentagen den Verzehr verbiete: Das müsse dem Hausvater frei zu entscheiden bleiben, zumal viele arme Leute sich kein Fleisch leisten könnten. Es sei unleugbar, daß die Fastenregelungen dem Interim und den Papisten zu Gefallen geschehen seien. Der 21. Artikel widmet sich dem Beweis, daß man die Adiaphora des Interims angenommen habe. Dies gäben die Autoren der Acta synodica selber zu, wie anhand zahlreicher Quellenangaben belegt werden soll. Die Wittenberger seien damit ihrem Landesherren zu Gefallen gewesen und hätten schlimmer noch (Art. 22) dies dem Interim und den Papisten zu Gefallen getan. Art. 23 versucht zu belegen, daß sie dabei gegen ihr eigenes Gewissen gehandelt hätten, und Art. 24, daß die Obrigkeit die Annahme des Interims befohlen und geboten habe. Dazu wird noch einmal das Ausschreiben Kurfürst Moritz’ vom 2. August angeführt. Somit seien die Regelungen den Pfarrern in Zeiten der Verfolgung von der Obrigkeit aufgenötigt worden. Damit endet die Schrift in einem Summarium in Form eines Syllogismus: Major: Wer in Mitteldingen in statu confessionis des Feinden zu gefallen etwas nachgibt oder annimmt und dadurch viele fromme Herzen ärgere und die Feinde stärke, der sündige schwer. Minor: Zur Zeit des Interims "ist man in den Adiaphoris vnd Mitteldingen gewichen." Conclusio: Damit ist wider Gott und seine Kirche gesündigt und Unruhe und Uneinigkeit in der Kirche angerichtet worden. Der Major sei aus Gottes Wort so klar, daß ihn niemand anfechten werde. Zudem hätten auch die Gegner diesen Satz mehrfach zugegeben. Der Minor sei aus den obenstehenden Hypothesen bewiesen und durch die Aussagen von Augenzeugen, die bei den Interimistischen und Adiaphoristischen Handlungen dabei gewesen seien, belegt. Die Autoren der Acta Synodica hätten dankenswerterweise selber die Belege der Nachwelt veröffentlicht und "mehr darinnen offenbaret vnd verrathen haben, denn viel andere, mit großer mühe vnd arbeit hetten erforschen vnd erfaren können." Es fehle nur noch, daß man seine Verfehlungen erkenne und sie nicht entschuldige oder bemäntele, sondern mit öffentlichem aufrichtigen Bekenntnis Gott die Ehre gebe und ihm danke, "das er solch fehrlichs fürnemen, so gnediglich vnd veterlich abgewendet, vnd das man als denn gewisse regel vnd richtschnur mache, damit nicht solches exempel, den lieben nachkommen zu einem fall vnd schedlicher nachfolge gerathen möge." Die Schrift schließt ohne Unterschrift mit den Worten "Finis Adiaphorismi."

Zitierhinweis

Jena, Von den Adiaphoren, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/bb901344-c866-4de6-b1a0-5cea0049f1c7>. (Zugriff am 28.03.2024)

Dieser Text steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.

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