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Horas Canonicas: In Klöstern und Stifften zu singen und gebotene Adiaphora zu halten, ist genauso Abgötterei wie die schändliche Opfermesse (VD16: A 2374)

Amsdorf (Amsdorff), Nikolaus (auf Titel)

HORAS CANONICAS
In Klöstern vn(d) Stiff
ten singen / Vnd gebotene Adiaphora hal=
ten / ist eben so wol Abgötterey / Als die
schentlichste Opffermesse.
Niclas von Amsdorff.
Deut. 12.
Alles was ich euch gebiete / Das solt jr hal=
ten / Das jr darnach thut / Jr solt nichts
dauon noch dazu thun.
Matth. 15.
Vergeblich ehren oder dienen sie Mir / mit
Menschen Gesetzen.
Gedruckt zu Jhena / durch Tho=
mam Rhebart / Anno
M. D. LXII.

Druck

Erscheinungsort
Jena (auf Titel)
Drucker
Rebart, Thomas (auf Titel)
Erscheinungsjahr
1562 (auf Titel)
Umfang und Format
10 Bl. 4°
VD 16-Nummer
A 2374
Bestandsnachweis HAB
183.9 Theol. (12)
Weitere Exemplare
231.106 Theol. (9); 183.22 Theol. (15); 488.5 Theol. (8)
Digitalisat
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Inhaltsbeschreibung

Kontroverse
Adiaphoristischer Streit
Kommentar
Im Jahre 1562 verfasste der gnesiolutherische Kontroverstheologe Nikolaus von Amsdorf eine sowohl gegen die altgläubige Kirche und das Papsstum als auch gegen die philippistische Theologenfraktion innerhalb des evangelischen Lagers gerichtete Streitschrift, deren Veröffentlichung er bei dem Jenaer Drucker Thomas Rhebart in Auftrag gab. Hauptsächlich zielt Amsdorf darin in scharfer Form auf eine Kritik der so genannten „Adiaphora“ ab, nicht bekenntsnisrelevanter „Mitteldinge“, die in Gestalt liturgischer Gebräuche im Zuge der Wittenberger Reformation innerhalb der evangelischen Christenheit bereits abgeschafft worden waren, die jedoch von großen Teilen der altgläubigen Kirche nach wie vor als bekenntnisrelevant angesehen wurden und die Karl V. mit Hilfe des Religionsedikts des Augsburger Interims ab 1548 wieder für sämtliche protestantischen Kirchen als verbindlich festschreiben wollte. Eine erneute Hinwendung zu diesen „Mitteldingen“ in Gestalt von für sämtliche Gläubigen verbindlichen Handlungen wurde jedoch durch den Magdeburger Kreis evangelischer Theologen um Amsdorf, Matthias Flacius Illyricus und Nicolaus Gallus als anti-biblisch und anti-evangelisch scharf abgelehnt. Im Umfeld der Streitigkeiten über die Frage nach der Stellung und Verbindlichkeit der Adiaphora im evangelischen Glaubens- und Gemeindeleben kam es nach 1548 auch zu heftigen innerprotestantischen Auseinandersetzungen zwischen den von Magdeburg aus wirkenden Gnesiolutheranern um Amsdorf und Flacius auf der einen Seite und den in Bezug auf die kaiserlichen bzw. altgläubigen Forderungen kompromissbereiten Theologen um Melanchthon und Pfeffinger auf der anderen. Als Amsdorf 1562 seine Schrift in Druck gehen ließ, schwelten die diesbezüglichen Konflikte bereits 14 Jahre. Seit 1552 war Amsdorf evangelischer Superintendent in Eisenach geworden und betrieb im Auftrag der ernestinischen Herzöge von Sachsen den Aufbau des reformatorischen Kirchenwesens in Thüringen, wo er unter anderem auch den Aufbau der Universität Jena als gnesiolutherischer Gegengründung zur philippistisch geprägten Wittenberger Hochschule vehement unterstützte. Amsdorfs großer Widersacher im adiaphoristischen Streit, Philipp Melanchthon, war bereits 1560 gestorben. Paul Eber, Caspar Peucer und Georg Major nahmen fortan die führenden Positionen innerhalb der philippistischen Theologenschule ein. Gegen diese drei Protagonisten dürften der vorliegende Druck denn auch hauptsächlich gerichtet gewesen sein. Amsdorfs Argumentation schließt hierbei unmittelbar an bereits früher vorgebrachte gnesiolutherische Aussagen an, letztlich enthält der Druck von 1562 wenig Neues. Ausgehend von der These, man solle in der Kirche nur glauben, lehren und einhalten, was Christus selbst nach der Offenbarung der Bibel geboten habe, entwirft Amsdorf eine breit gefächerte und gegen die obligatorische Praktizierung der Adiaphora gerichtete Argumentation. Das Festhalten sowohl der Altgläubigen als auch der Philippisten an äußerlichen Zeremonien und Gegenständen wie Gesängen, liturgischen Gewändern, Fastengebräuchen sei weder durch Christus noch die heilige Schrift geboten, sondern nachträglich von Menschen in die Kirche hineingetragen worden. Wer daher diese Gegenstände oder Zeremonien als scheinbar heilsrelevant für sämtliche Gläubigen festschreiben wolle, der verwässere das wahre Christentum und verrate letztlich das Evangelium. Genau diese Vorwürfe werden dann auf Philippisten und Altgläubige gemünzt. Der am meisten zu verdammende Ausfluss derartiger unbiblischer Zeremonien und Neuerungen sei die altgläubige Messe, die vom Papsttum künstlich in die Kirche implantiert worden sei, um die Christen der Juristriktion und dem Machtstreben des widerchristlichen Papsttums zu unterwerfen. Vielmehr sei diesen Papsttum selbst gegen das wahre Christentum gerichtet und ein Werk des Teufels. Aus rechtgläubiger Sicht sei auch auf den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches kein Verlass, denn dieser erweise sich als nichts anderes denn als Werkzeug des letztlich satanischen Papsttums in Rom und dessen Machtadministration. Das Hauptvergehen der Theologen um Major, Eber und Peucer sieht Amsdorf darin, mit ihrer Kompromissbereitschaft der kaiserlichen Religionsgesetzgebung des Interims gegenüber letztlich diesem diabolisch-päpstlichem Einfluss in der evangelischen Welt Tür und Tor geöffnet zu haben. Dass Amsdorf seinen Text in deutscher Sprache publizierte, verweist darauf, dass er hierbei ein breiteres Publikum innerhalb des protestantischen Lesepublikums nördlich der Alpen vor Augen hatte.

Zitierhinweis

Horas Canonicas: In Klöstern und Stifften zu singen und gebotene Adiaphora zu halten, ist genauso Abgötterei wie die schändliche Opfermesse, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/dd51b2a6-55ef-4046-bd97-0d7895ee1fb6>. (Zugriff am 23.04.2024)

Dieser Text steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.

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