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Narratio historica ecclesiastica (VD16: E 242)

Theologen , Wigand, Johannes , Wittenberger Theologen

DE ECCLESI=
ASTICA HISTORIA: QVAE
MAGDEBVRGI CONTEXITVR,
NARRATIO, CONTRA MENIVM,
ET SCHOLASTICORVM VVITTE-
BERGENSIVM EPI-
STOLAS.
GVBERNATORIBVS ET
OPERARIIS EIVS HISTO=
RIAE EDITAE MAG=
DEBVRGI.
CVM RESPONSIONE
SCHOLASTICORVM VVI=
TEBERGENSIVM AD
EANDEM.
EDITA VVITEBERGAE
Anno M. D. LVIII.

Herausgeber:
Wittenberger Scholastici (auf Titel)
Gegner:
Menius, Justus (auf Titel) ; Flacius, Matthias (auf Titel) ; Wigand, Johannes (auf Titel)

Druck

Erscheinungsort
Wittenberg (aus Text oder Kolophon)
Drucker
Rhau, Georg (aus Text oder Kolophon)
Erscheinungsjahr
1558 (auf Titel)
Umfang und Format
26 Bl. 4°
VD 16-Nummer
E 242
Bestandsnachweis HAB
G 537.4° Helmst. (3)
Weitere Exemplare
151.28 Theol. (5); 155.8 Theol. (6); 184.27 Theol. (4); 418.7 Theol. (13); H 139B.4º Helmst. (11); S 8.4º Helmst. (1); S 211.4º Helmst. (17)
Digitalisat
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Inhaltsbeschreibung

Kontroverse
Allgemeiner Druck
Kommentar
Der Druck besteht aus zwei Teilen: Einem Text der Magdeburger Mitarbeiter an den "Centurien", wohl verfaßt von Judex und Wigand und unterzeichnet von allen Mitarbeitern, nicht aber von Flacius, auf A 2r-B 2v, und einer Gegenschrift der "Wittenberger Schloastici" auf B 3r-G 2v. Die Magdeburger erklären, einem Verleumder heimleuchten zu wollen: Menius habe sich in seiner deutschen Schrift über das Werk einer Kirchengeschichte lustig gemacht, das noch keiner gesehen habe und wohl auch nie jemand zu Gesicht bekommen werde. Neulich sei dazu noch der Brief der Wittenberger Studenten erschienen, der sich auch über das Unternehmen und das dafür in ganz Deutschland gesammelte Geld lustig mache. Da man auf deren beißenden Sarkasmus reagieren müsse, sehe man sich gezwungen, die Wahrheit offenzulegen. Man bedauere die gedankenlose Unkenntnis der Kritiker. In überhaupt nicht polemischer Weise antworten die Autoren. Sie führen Gründe für die Verzögerung bei der Fertigstellung des ersten Bandes an, die geradezu zeitlose Gültigkeit beanspruchen können: Man arbeite erst seit kurzem zusammen, und es sei schwierig, geeignete Mitarbeiter zu finden. Man habe treu an dem historischen Werk gearbeitet; den Verleumdern möge man keinen Glauben schenken. Für die Verzögerung gebe es viele Gründe. Es dauere nun einmal lange, so viele und verschiedene Dinge aufzubereiten, zumal die späteren die früheren in einem neuen Licht erscheinen lassen. Zudem habe man sich an erfahrene Männer um Hilfe gewandt. Damit gehen die Autoren über zu einer grundsätzlichen Rechtfertigung ihrer Arbeit: Man wolle mit Gottes Hilfe die Idee der Kirche Christi aus den ältesten und besten Autoren zusammentragen, denn bei Euseb und anderen würden fast nur Personen behandelt, während die Lehre, die Zeremonien, die Kirchenleitung, die Kontroversen und andere Themen vernachlässigt würden. Die eigene Schwäche sei den Autoren besser bekannt als allen anderen, dennoch habe man sich angesichts vieler Aufmunterung daran gemacht, eher eine "delineatio" als eine "tractatio" zu liefern. Da in den einzelnen Jahrhunderten (seculae) sich große Veränderungen ereignet hätten, habe man sich entschlossen, jedes Jahrhundert in einem eigenen Buch, oder "Centurie", wie man sie nenne, zu behandeln. In jedem werde man gewisse Titel oder Kapitel haben, die durch die Jahrhunderte gleich bleiben sollen, so daß das erste Kapitel das Hauptargument (propositio et argumentum) des Buches enthält. Zweitens sollten die Hospitia Ecclesiae jedes Jahrhunderts aufgezählt werden und welche Fortschritte die Verbreitung des Christentums gemacht habe. Drittens ob die Kirche Verfolgung oder Ruhe erfahren habe, viertens, welcher Art die Lehre gewesen sei; fünftens, welche Sekten und Häresien es gegeben habe, sechstens, welche Zeremonien, siebtens, welche Leitung die Kirche durch welche Ämter. In diesem Teil solle die äußeren Handlungen dargestellt werden. Achtens, welche Schismen entstanden seien, neuntens, welche Konzilien gehalten wurden. Dies seien die methodischen Kapitel, was darunter nicht zu fassen sei, solle angehängt werden. Zehntens widme man sich den wichtigen Personen und ihren Lehren, elftens den Häretikern, zwölftens den Märtyrern, 13. den Wundern, 14. den Verhältnissen bei den Juden, 15. den anderen Religionen 16. den politischen Verhältnissen und ihren Veränderungen. Innerhalb dieser Kapitel wolle man die chronologische Reihenfolge einhalten und die Jahreszahlen angeben. In diesen Punkten wolle man eine Zusammenschau der Jahrhunderte ermöglichen und sich soweit möglich daran halten. Demnächst werde man das gesamte "Methodon" veröffentlichen. Wer nicht ganz abgestumpft sei, könne leicht erkennen, daß viel Aufwand erforderlich sei und es nicht reiche, alles einfach aneinanderzureihen. Den Prozeß der Aufbereitung des Materials habe man in vier Arbeitsschritte unterteilt. Man bezahle sieben einigermaßen geeignete ("doctrina & iudicio mediocri praeditos") Studenten mit Stipendien dafür, gemäß der Methode die verschiedenen Autoren der Quellen zu lesen und die Einzelteile der Autoren wie ein Anatom bei einer Sektion ("quasi Anatomian autorum faciunt") den jeweiligen Loci zuzuordnen; Jahrhundert für Jahrhundert. Dann würden zwei erfahrene und urteilsfähige Magister bezahlt, die vorher ausgewählten Stücke zu sichten, zu sortieren und in einer fortlaufenden Erzählung zu verbinden. Als dritte Stufe überprüfen Inspektoren aus dem Kreis derer, die auch das Material zusammenbringen, die Zusammenstellungen. Viertens erstellt ein Sekretär eine Reinschrift. Fünf Personen leiten das ganze Unternehmen, treffen Personalentscheidungen und verwalten die Ausgaben, einer davon als Rechnungsführer, der quartalsweise dem Vorsitzenden eine Abrechnung erstellt, damit gegenüber den gut- wie böswilligen Gläubigern Rechenschaft über die Verwendung aller Gelder gegeben werden kann. Alle Mitarbeiter würden schlecht ("frugaliter") bezahlt. Die Sammlung der Materialien habe vorgestreckt werden müssen, aber man verstehe nicht, wie das Gerücht habe aufkommen können von dem vielen Geld aus Deutschland. Die Kritiker wären mit so wenig Geld sicher nicht so weit gekommen. Man solle lieber helfen als spotten. In diesem Zusammenhang erwähnen die Autoren auch Flacius, dem Unterschlagung vorgeworfen worden sei: Er habe viele Spenden gesammelt und weitergegeben, vieles aus eigener Tasche bezahlt und nicht zurückgefordert. Der gegen ihn gerichtete Brief sei eine Verleumdung. Aus all dem könnten die Wohlmeinenden entnehmen, wie es um das Projekt stehe und ob man angesichts der harten Arbeit zugunsten der Kirche Christi zurecht so angefeindet werde. Die anderen bitte man, sie in Zukunft zu verschonen. Die Studenten ermahne man zur Wahrheitsliebe, daß sie nicht Lügen zustimmen und Unschuldige diffamieren, das sei weder ehrenhaft noch fromm und von Gott im vierten Gebot streng verboten. Auf diese im Ton überaus gemäßigte, defensive Schrift antworten die Wittenberger Studenten mit einem Brief voller Schärfe, persönlichen Angriffen, Sarkasmus und aggressiver, wenn auch hochgelehrter Polemik. Sie benennen Wigand namentlich als vermutlichen Autor. Viel ausführlicher und rhetorisch geschliffener, aber auch weitschweifiger als die Magdeburger kreisen die Ausführungen der Wittenberger immer wieder um folgende Punkte: um die Person Flacius, der ihren Lehrer, also Melanchthon, seit Jahren angreife (den sie deshalb als "Parricida" bezeichnen), dessen Rolle bei dem Unternehmen von Wigand und Judex aber nicht eindeutig genannt werde und um dessen Bemühen, Geld für das Unternehmen zu sammeln. Er bediene sich dabei zweifelhafter Methoden, bettele und bereichere sich wahrscheinlich (während Mel., der auch ein Chronikon schreibe, dafür nicht 1/10.000 an Großzügigkeit benötige). Die Wittenberger nehmen Menius in Schutz, der nur die Wahrheit gesagt habe, sie verteidigen ihre eigene Selbstbezeichnung als genaue Benennung einer Autorengruppe und weisen der Vorwurf zurück, sich zu verstecken, berufen sich vielmehr namentlich auf Melanchthon als ihren Lehrer. Dagegen hätten Wigand und Judex die Vorwürfe gegen die Wittenberger Theologen mit unterschrieben und die Verschwörung von Flacius unterstützt; wenn sie in ihrer Darstellung zu den Jahren 1547 bis 1557 kämen, würden sie es selber eingestehen müssen; andernfalls würden andere die entsprechenden Dokumente veröffentlichen. Die Autoren machen sich auch über die Vorgehensweise der Magdeburger und die Qualifikation der Hilfskräfte lustig und persiflieren das Bild vom Anatom, indem sie zugleich andeuten, Flacius sei ja die Vivisektion historischer Bücher nicht fremd -- der "culter Flaciani" wird nicht ausdrücklich genannt, aber unmißverständlich darauf angespielt. Sie unterstellen, daß Flacius der eigentliche Autor der Centurien sein werde, und empfehlen deswegen den Titel nochmals zu überdenken: Er sollte "Commentarios" und nicht Historia heißen. Über die Einteilung nach Loci wolle man erst urteilen, wenn die angekündigte genaue Erläuterung im Druck vorliege, aber die Einbeziehung von Punkt 16, der politischen Situation, berge einige Gefahren, auch für die Verkäuflichkeit des Buches. Geschichte zu schreiben sei das höchste Werk menschlicher Gelehrsamkeit und Eloquenz; besonders die Geschichtsschreibung des eigenen Jahrhunderts sei die gefährlichste und schwierigste. Nur wenige würden dabei Lob gewinnen, obwohl viele danach strebten. Deshalb die Empfehlung der Titeländerung. In beißendem Sarkasmus malen die Wittenberger aus wie es sein würde, die Geschichte der Flacianischen Spaltung schreiben zu müssen. Zum Schluß behaupten die Autoren scheinheilig, sie wollten das Magdeburger Projekt nicht in seinen lobenswerten Anfängen behindern und wünschen einen Erfolg zugunsten der ganzen Kirche. Doch sie wollten die ungeeignete, arrogante und bösartige Schrift zurückweisen. Man rechne die Bosheit nur dem einen oder anderen aus dem Kollegium zu, besonders Wigand, der die übrigen damit befleckt habe. Ihm werfen die Wittenberger Verrat an Melanchthon vor. Er habe zu seinen Füßen gesessen, dann aber aus Magdeburg Schriften gegen ihn veröffentlicht und das, obwohl er die Confessio Saxonica (C 4808) mit unterzeichnet habe -- in direkter Rede gehen die Autoren Wigand auch in Anredeform an und empfehlen ihm ihren Bericht über das Gespräch in Coswig zwischen Flacius und Melanchthon zur Lektüre. Abschließend richten sie sich wieder an die übrigen Mitarbeiter: Wenn sie sich mit solchen Leuten zusammentäten, sei von ihrer Haltung wohl nicht schwer zu urteilen. Soviel als Antwort; die anfangs erwähnte Heimleuchte habe man hiermit zurückgebracht und abgegeben.

Zitierhinweis

Narratio historica ecclesiastica, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/a2012328-2385-4531-9bbb-b706b079b810>. (Zugriff am 29.03.2024)

Dieser Text steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.

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