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Wider die neuen Tetzel (VD16: F 1563)

Flacius, Matthias (auf Titel)

Widder die newen
Detzel / oder aussrüffer der Ablas
Bullen / vnd Antichristischen
Jubil yars.
Durch Matthiam Fla. Illyri.
Item drey Bullen vom
Jubel yar.
Jremie cap. 2.
Mein Volck thut eine zwyfache Sünde /
Mich die lebendige quelle (das ist / Des eini=
gen mitlers Christi verdienst / der allein vol=
komlich selig machen kan) verlassen sie / vnnd
machen jhnen hie vnnd da aussgehawene
Brunnen / die doch löcherich sind / vnnd kein
wasser geben. Das ist / die Papisten suchen
hülff / vnd ewige seligkeit / bey jhren vielfelti=
gen narrenwercken / vnd Abgöttereyen.
Anno 1550.

Gegner:
die neuen Tetzels (auf Titel)

Druck

Erscheinungsort
Magdeburg (aus Text oder Kolophon)
Drucker
Lotter, Michael (aus Text oder Kolophon)
Erscheinungsjahr
1550 (auf Titel)
Umfang und Format
8 Bl. 4°
VD 16-Nummer
F 1563
Bestandsnachweis HAB
H 118.4º Helmst. (16)
Weitere Exemplare
231.161 Theol. (8); Ts 393 (8); Yv 1966.8º Helmst.; Alv.: Dc 28 (18)
Digitalisat
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Vorwort

Autor
Flacius, Matthias (auf Titel)

Inhaltsbeschreibung

Kontroverse
Antikatholisch, Adiaphoristischer Streit
Kommentar
Im Jahre 1550 gab Matthias Flacius Illyricus bei Michael Lotter in Magdeburg eine Sammlung dreier Ablassbullen in deutscher Sprache heraus, die er mit einer eigenen Vorrede versah. Das Jahr 1550 war durch die römische Kurie zum Jubeljahr erklärt worden; nach der Wahl des neuen Papstes Julius III. Ende Februar 1550 wurden die Jubelfeierlichkeiten eröffnet. Mit diesem so genannten „Heiligen Jahr“ war ein Jubiläumsablass verbunden, der denjenigen Gläubigen die Erlassung zeitlicher Kirchen- und Sündenstrafen in Aussicht stellte, die zu diesem Zwecke nach Rom pilgerten, die entsprechenden Exerzitien vollzogen sowie die religiös bedeutsamen Örtlichkeiten innerhalb der Stadt aufsuchten. Parallel zum in Rom selbst zu erlangenden Jubelablass gaben jedoch einige altgläubige Bischöfe und Domherren im Jahre 1550 eigene Ablassbullen heraus, in welchen sie einzelnen Gruppen von Gläubigen das Privileg erteilten, bei entsprechendem Vollzug der in der jeweiligen Bulle genannten Exerzitien auch ohne die Pilgerfahrt nach Rom in den Genuss der Heilsgaben des Jubelablasses zu gelangen. Auch der Bischof von Aprutin, Jacobus Barbas und Philippus Archintus, der Bischof von Salutien, fertigten 1550 derartige, spezielle Ablassbullen für Ordensangehörige aus. Ein Druck dieser Bullen wurde von Rom aus an die in Halle residierenden Magdeburger Domherren versandt, die auf diese Weise jene Privilegien in Mitteldeutschland publik machen sollten. Die Magdeburger Domherren leiteten die Texte der Bullen an den Prior des Magdeburger Benediktinerklosters weiter, versehen mit einem eigenen, die italienischen Diplome bestätigenden, Begleitschreiben. Flacius suchte besagtes Benediktinerkloster hin und wieder auf, um die dortige Bibliothek zu benutzen, ging jedoch – wie er im Rahmen seiner Schrift „Widder die newen Detzel“ betont – theologischen Disputen, die der Prior mit ihm anzuknüpfen versucht habe, bewusst aus dem Wege, da der Ordensmann zum einen nicht über die entsprechende theologische Bildung verfügt habe und zudem rachsüchtig und jähzornig gewesen sei. Dieses Ausweichen des Flacius schien der Benediktiner jedoch als inhaltliche Überlegenheit seiner eigenen Standpunkte zu werten und verbreitete in der Magdeburger Öffentlichkeit, dass Flacius ihm theologisch unterlegen sei. Auf diese sich 1550 ergebende Sachlage antwortete Flacius mit der Herausgabe des vorliegenden Drucks, der sich einerseits gegen den Prior richtet, andererseits das altgläubige Ablasswesen an sich scharf angreift. Die erneute Herausgabe der aus Rom nach Magdeburg geschickten Ablassbullen soll die soteriologische Unsinnigkeit jedweden Ablasserlasses belegen und für das evangelische Lesepublikum offenkundig werden lassen. Da die Bullen von 1550 einen hohen Aktualitätsbezug hatten, wählte Flacius sie aus; zudem boten sie Gelegenheit, die von dem Benediktinerprior ausgestreuten Gerüchte zurückzuweisen, denn diese römischen Dokumente waren ihm persönlich zugestellt worden. Flacius bezeichnet die klerikalen Aussteller der Bullen als „neue Tetzel“, die der reinen Lehre und dem Evangelium ihre Ohren verschlossen hätten und weiterhin die betrügerische und falsche Ablasslehre verbreiteten. Der Ablass sei nicht schriftgemäß und somit eine Erfindung der römischen Papstkirche, ferner gäbe es für die Ausrufung eines Jubeljahrs im Turnus von 25 Jahren weder Vorbilder innerhalb der Tradition der Alten Kirche, noch könne man sich auf das jüdische Jubelfest berufen, da dies zur Zeit der alten Israeliten eine rein weltliche Angelegenheit gewesen sei. Von Sünden werde der Gläubige allein durch den Glauben an Christus und das Evangelium frei, nicht aber durch päpstliche Schriftstücke. Das Vorgehen der Aussteller und Verbreiter jener Bullen sei verwerflich, denn dadurch würde den Gläubigen vorgegaukelt, auf andere Weise als durch Glaube und Gnade zur Erlösung gelangen zu können. Die antikatholische Stoßrichtung dieses Traktats ist unverkennbar, wobei sich die Kritik an einem einzelnen Benediktinerprior mit grundsätzlichen Einwänden gegen das altgläubige Ablasswesen und den Brauch der Ausrufung von „Jubeljahren“ mischt.

Zitierhinweis

Wider die neuen Tetzel, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/f3640264-1d4a-452d-91ea-86dda46fe129>. (Zugriff am 29.03.2024)

Dieser Text steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.

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