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Doctrina de praedestinatione (VD16: S 5522)

Selnecker, Nikolaus (auf Titel)

DOCTRINA
DE PRAEDESTINATIO-
NE, ITEM DE FATO QVAE=
DAM VITLIA ET
NECESSARIA.
M. SELNECCERO
AVTHORE.
M. D. LXV.

Druck

Erscheinungsort
Frankfurt a. M. (aus Text oder Kolophon)
Drucker
Braubach, Peter (aus Text oder Kolophon)
Erscheinungsjahr
1565 (auf Titel)
Umfang und Format
23 nummerierte Seiten 8°
VD 16-Nummer
S 5522
Bestandsnachweis HAB
B 128.8° Helmst. (3)
Digitalisat
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Inhaltsbeschreibung

Kontroverse
Prädestinatianischer Streit
Kommentar
Der junge Jenaer Professor Nikolaus Selnecker beginnt seine Schrift zur Prädestinationsfrage, indem er sieben Regeln aufstellt: 1. Einzige Erkenntnisquelle über das Wesen oder den Willen Gottes sei sein Wort. Philosophische Erkenntnisse unter Absehung vom Wort Gottes könnten zur Prädestinationsfrage nichts beitragen. 2. Die göttliche Gnadenverheißung sei universal und erstrecke sich auf alle Menschen. 3. Bei Gott gebe es keine Berücksichtigung der Person. Sie werden alle verdammt um ihrer Sünde willen. Die Wiedergeborenen nehme Gott in Gnaden an um Christi willen und wolle, dass alle gerettet werden. 4. In Gott seien keine sich widersprechenden Willen zu finden. Gott wolle vielmehr, dass alle Menschen gerettet und nicht, dass einige verdammt werden. Es sei der Mensch selber, der mit seinem Willen den gerechten Zorn Gottes sich zuziehen könne. 5. Die Gnade sei mächtiger als die Sünde, so dass der Mensch sich auf die zuteil gewordene Gnade verlassen könne und sich nicht in Spekulationen verlieren dürfe. 6. Wie in Adam alle gefallen seien, so erstünden sie in Christus alle wieder auf. Die Glaubenden zum ewigen Leben, das sie im Glauben empfingen, die Ungläubigen zur ewigen Verdammnis, die sie aus dem gerechten Zorn Gottes heraus sich verdient hätten. 7. Gott sei keinesfalls der Ursprung der Sünde. Er wolle sie nicht, bestrafe sie und wolle, dass alle sich zu ihm bekehren und gerettet würden. Die Sünde habe ihren Ursprung im Teufel. Ausgehend von diesen sieben Regeln setzt sich Selnecker nun mit fünf Gegenpositionen auseinander. I. Gott sieht alles vorher. Das Vorherwissen Gottes ist unveränderlich. Daraus folgt, dass alles, was Gott vorhersieht, geschehen muss, wie er es vorhergesehen hat, sei es Gutes, sei es Schlechtes. Gegen diesen Einwurf betont Selnecker, dass die praevisio Gottes den menschlichen Willen nicht dazu zwinge, zu sündigen. Aus dem Vorherwissen Gottes sei kein Geschehen abzuleiten. Der göttlichen praevisio sei keine absolute Notwendigkeit (necessitas absoluta) zuzuordnen. II. Niemand kann an Christus glauben, es sei denn der Geist zieht ihn. Was auch immer der Mensch tut und unternimmt, ist vorherbestimmt. Gegen diese Position macht Selnecker das Wort Gottes als Heilsmittel stark, durch das er seinen Geist gebe und die Menschen sein Wort hören und den Heiligen Geist empfangen könnten. Doch geschehe dies nicht in einem Akt, sondern sukzessive. Zuerst spüre der Mensch einen Glaubensfunken, mit dem aber schon der Heilige Geist gegeben sei. Gott ziehe den Menschen zu sich, wenn dieser dies wolle (Trahit Deus, sed volentem). Gott zwinge niemanden, sondern nehme die Bekehrten in Gnaden auf, heile und rette sie. III. Viele sind berufen, wenige erwählt. Dieses Schriftzitat bezieht sich nach Selnecker nicht auf den Willen Gottes, sondern auf die Schuld des Menschen, der seine schöpfungsgemäße Bestimmung verfehlt habe. Aus der Schriftstelle „Alle eure Haupthaare sind gezählt“ könne man keinesfalls eine Notwendigkeit ableiten, die sich auch auf die Verdammnis der Menschen beziehe. Kein Mensch sündige mit Notwendigkeit und aus dem Willen und der Bestimmung Gottes. Auch das Gotteswort „Ich werde das Herz des Pharao verstocken“ und die Bitte des Vaterunsers „führe uns nicht in Versuchung“ könnten keinesfalls derart gedeutet werden, als komme das Böse von Gott. Der Begriff „Verstockung“ sei nach der Art der hebräischen Sprache als „Zulassung“ zu verstehen. Gott lasse also zu, dass der Pharao sich selber verstocke, indem er seine väterliche Hand von ihm abziehe. So werde auch im Vaterunser darum gebeten, dass Gott nicht seine väterliche Hand vom Beter abziehe. IV. Das Leiden Hiobs kam direkt von Gott. Aber, so Selnecker, diese Leiden hätten das Gute zum Ziel gehabt. Es sei deutlich zu unterscheiden zwischen Strafe und Schuld. Gott bewirke die Leiden als Strafe. Aber alles Leid und jedes Kreuz habe seinen Ursprung in der menschlichen Sünde und nicht im Willen Gottes. Gott bestrafe die Sünden auch nach dem Tun-Ergehen-Zusammenhang, aber er wolle die Sünde nicht. V. Gott könnte die Übel verhindern und tut dies nicht. Gott habe den Menschen als freies Wesen geschaffen, das er nicht zwinge. Verweigere ein Mensch ihm die Gemeinschaft, so müsse er selber die Folgen tragen. Aus dem bisher Dargelegten ergebe sich, dass Gott weder die Sünde, noch die ewige Verdammnis eines Menschen wolle. Für Selnecker gibt es so keine ewige Vorherbestimmung zum Unheil im Willen Gottes. Er wolle vielmehr, dass alle Menschen gerettet würden und habe aus diesem Grund seinen Sohn in die Welt gesandt, damit alle, die an ihn glauben, gerettet würden. Selnecker nennt im Folgenden vier Gründe für den barmherzigen Willen Gottes: 1. Wenn Gott einen Menschen berufe, so zeige er zugleich damit an, dass er gerettet werden wird. Geht ein Berufener dennoch verloren, so liege dies an seinem eigenen Entschluss gegen den Willen Gottes. 2. Der Heilige Geist sei mit seinem kräftigen Wirken in den Herzen der Gläubigen das Unterpfand der Auferstehung. 3. Das neue Leben der Christen, in dem die Sünden gegen das Gewissen gemieden würden. 4. Der Gebrauch der Sakramente als Zeichen unserer Gerechtigkeit und der Gnade Gottes. Abschließend setzt sich Selnecker mit der Position der Stoa auseinander. Nach Selnecker besteht die stoische Lehre vom Schicksal darin, vom notwendigen Eintritt auch des Bösen zu reden. Dabei aber unterwürfen die Stoiker auch Gott den Naturgesetzen und schränkten so sein Handeln ein auf das nicht diesen Gesetzen Widersprechende. Nach ihrer Position werde der menschliche Wille von Gott zum Guten oder zum Bösen angetrieben. Damit aber machten sie Gott zum Urheber auch des Bösen. Die stoische Notwendigkeit sei so entschieden abzulehnen, greife sie doch die Ehre Gottes an und schade der menschlichen Ethik massiv. Gott sei die Ursache des Guten, der Teufel und der verführte Willen des Menschen seien die Ursachen des Bösen. Gott sehe zwar alle Dinge, auch die bösen Ereignisse, voraus, sei aber nicht ihre Wirkursache. Er habe dem Menschen als seinem Geschöpf die Freiheit gelassen, sich auch gegen seinen Schöpfer zu entscheiden. Aber keinesfalls sei Gott als die Ursache des Bösen zu verstehen. Zwar sei Gott allmächtig und könne so das Böse verhindern. Doch wolle er die Freiheit seiner Geschöpfe. Würde Gott das Böse beseitigen, so wäre auch die menschliche Freiheit beseitigt.

Zitierhinweis

Doctrina de praedestinatione, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/f5ce1963-35a6-4986-b7c4-4d1af6fec6ee>. (Zugriff am 29.03.2024)

Dieser Text steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.

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