Schimpfwort des Monats

Die Autoren der Streitschriften pflegten eine starke und sehr bildhafte Sprache. In einer Zeit, in der die Alphabetisierungsrate sehr niedrig lag, war es ein probates Mittel, den Gegner durch Beschimpfung wirksam und einprägsam zu charakterisieren und zu beschreiben, um so die eigene inhaltliche Argumentation zu verstärken. Die polemische Sprache ist auch als Ausdruck der starken inneren Beteiligung der Kontrahenten zu verstehen. An dieser Stelle werden einzelne Invektiven aus dem Schriftencorpus im Zitat nachgewiesen und erläutert.

Distelkopf

trockene Köpfe von Kardendisteln; in der Tuchverarbeitung wurden die Distelköpfe zum Aufrauhen von Wollstoffen eingesetzt.
Jreneus vnd andere schonen dieses Distelkopffs auch vnd schmücken dafür eine andere Braut.  (Johannes Wigand, Von zwei greulichen gotteslästerlichen Irrtümern der neuen Manichäer, Eisleben 1573, aus VD 16 W 2904, Bl. C 4r)

Im Zuge der Auseinandersetzung mit der hoch umstrittenen Erbsündenlehre des Matthias Flacius Illyricus nennt Johannes Wigand diesen einen Distelkopf und meint, Christoph Irenäus und andere Parteigänger des Flacius nähmen diesen in Schutz, indem sie neue theologische 'Nebenkriegsschauplätze' eröffneten ("eine andere Braut schmücken", ein neues Fass aufmachen, eine andere Sau durchs Dorf treiben). In Grimms Wörterbuch wird das Schimpfwort Distelkopf umschrieben wie folgt: "ein neidischer, widerwärtiger, abstoszender, mürrischer, eigensinniger mensch". Als Synonyme wäre an "Widerling" oder "Kratzbürste" zu denken.

 Vgl. Art. Distelkopf 4), in: DWb 2, 1196.

(H.-O. S.)

Zur Übersicht