Schimpfwort des Monats

Die Autoren der Streitschriften pflegten eine starke und sehr bildhafte Sprache. In einer Zeit, in der die Alphabetisierungsrate sehr niedrig lag, war es ein probates Mittel, den Gegner durch Beschimpfung wirksam und einprägsam zu charakterisieren und zu beschreiben, um so die eigene inhaltliche Argumentation zu verstärken. Die polemische Sprache ist auch als Ausdruck der starken inneren Beteiligung der Kontrahenten zu verstehen. An dieser Stelle werden einzelne Invektiven aus dem Schriftencorpus im Zitat nachgewiesen und erläutert.

Empusa

"Sie mügen sich aber verwandeln vnnd mügens so kraus machen, als sie jmmermehr wollen, so haben wir diese schlipfferige [aalglatten] Protheos vnd hinckende Empusa ergriffen." (Matthias Flacius Illyricus, Wider den Evangelisten des Chorrocks D. Geiz Major (1552), unsere Ausgabe Bd. 3, Nr. 3, S. 94,2325).

Im altgriechischen Volksglauben gehörte Empusa zu den weiblichen Dämonen und Spukgestalten. Sie erscheint in Geschichten auch als Nachtgespenst oder als lieblich lockender Vampir. Angeblich sollte ihr Gesicht von Feuer erleuchtet sein. Eines ihrer Beine sei ehern, das andere aus Kuhmist. Ihre Haupteingenschaft sei ihre Wandlungsfähigkeit. So begegnet sie dem Dionysius bei dessen Gang durch die Unterwelt mit seinem Sklaven Xanthias als Rind, Maulesel, hübsche Frau und als Hund. (vgl. Aristophanes, Ranae, 285295).

Matthias Flacius wollte mit dem Hinweis auf Empusa der Leserschaft verdeutlichen, dass die Versuche Georg Majors, die Leipziger Landtagsvorlage ("Leipziger Interim", vgl. dazu unseren Artikel "Interim") und damit die Lehre von den Adiaphora zu verteidigen, nicht anders zu verstehen sei, als dass Major durch immer neue Drehungen und Wendungen listige Schönfärberei betreibe, um so den Menschen Irrlehren als Rechtgläubigkeit vorzugauckeln.

In der  Biologie wurde der Name einer Familie aus der Gattung der Fangschrecken beigelegt.

Lit.:

René Bloch, Art. Empusa, in: NP 3 (1997), 1024.

[J.M.L.]

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