Schimpfwort des Monats

Die Autoren der Streitschriften pflegten eine starke und sehr bildhafte Sprache. In einer Zeit, in der die Alphabetisierungsrate sehr niedrig lag, war es ein probates Mittel, den Gegner durch Beschimpfung wirksam und einprägsam zu charakterisieren und zu beschreiben, um so die eigene inhaltliche Argumentation zu verstärken. Die polemische Sprache ist auch als Ausdruck der starken inneren Beteiligung der Kontrahenten zu verstehen. An dieser Stelle werden einzelne Invektiven aus dem Schriftencorpus im Zitat nachgewiesen und erläutert.

Fladenbischof, Fladenweiher

Michael Helding, ehemals Mainzer Weihbischof, als Bischof von Merseburg
Das die Kirche diener habe, das Euangelion zu predigen vnnd die heiligen Sacramenta nach des Herrn Christi einsetzung vnnd beuehl zu administrirn, ist jn allewege vonnöten, welche sollen mit aufflegung der hende nach verordenung der heiligen Aposteln abgesondert vnd ordinirt werden. Die Bebstische weihe der fladenbischoffen vnd Mespfaffen mit schmiren [= salben mit Chrisam] vnd blattenscheren [= tonsurieren] sampt anderm narrenwerck halten wir für des Antichrists vnd Teuffels fastnachtspiel.

Prediger der Söhne Herzog Johann Friedrichs von Sachsen, Christlich Bedenken auf das Interim (1548), unsere Ausgabe Bd. 1, Nr. 6, S. 193,6-12.

Zu Meintz dem fladenweiher
hastu gestanden bey;
es machen vff einer leier
der bösen buben drey.

Erasmus Alber, Von Grickel Interim (1548), unsere Ausgabe Bd. 1, Nr. 18, S. 888,5-8.

In seinem Spottlied hält Erasmus Alber seinem Gegner Johann Agricola ("Grickel Interim") vor, er habe sich dazu hergegeben, am Augsburger Interim mitzuarbeiten und gemeinsame Sache zu machen mit den Feinden des Evangeliums, insbesondere als Teil eines Dreierausschusses, zu dem neben dem Mainzer Weihbischof Michael Helding (nach seinem Titularbistum auch "Sidonius" genannt) auch der Naumburger Bischof Julius von Pflug gehörte. Alber nennt den Mainzer einen Fladenweiher, weil zu den Amtsobliegenheiten eines Weihbischofs auch die Weihe der Osterfladen, eines - in der Regel süßen - Gebäcks, gehörte. Weihbischöfe despektierlich als Fladenweiher oder Fladenbischöfe zu bezeichnen, dürfte auch daher rühren, dass ihnen die Vertretung des eigentlichen Bischofs insbesondere in Funktionen zukam, die man protestantischerseits im günstigeren Fall als unbedeutend, im ungünstigeren als abergläubisch und verwerflich ansah. Bisweilen wurde auch der Bischof selbst als "Fladenweiher" bezeichnet.

Lit.: Art. Fladenbischof, in: Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 3, 1708; Art. Fladenweiher, ebd.; Adolph Franz, Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter, Freiburg i. Br. 1909 (ND Graz 1960, Bonn 2006), bes. Bd. 1, S. 594.

Ein neuzeitliches Rezept für einen "sächsischen Osterfladen":

Aus 200 g Mehl, 1 Messerspitze Backpulver, 100 g Butter oder Margarine, 50 g Zucker, 2 Esslöffeln Vanillezucker, 1 Ei, 1 Prise Salz einen Mürbeteig kneten und für etwa eine halbe Stunde kalt stellen.

Unterdessen 500 g (=1 Pfund) Magerquark ausdrücken bzw. abtropfen lassen, 100 g Butter zerlassen und etwas abkühlen lassen; 4 Eigelbe mit 100 g Zucker aufschlagen, dann mit der zerlassenen Butter, 100 g Korinthen (oder Rosinen), 100 g gemahlenen Mandeln, 125 ml (= 1/8 l) Sahne, 25 g Zitronat und 25 g Orangeat (beides fein gehackt) und evtl. etwas Rum verrühren.

Den Mürbeteig in eine gefettete Quicheform (ca. 28 cm Durchmesser) geben, den Belag darauf verteilen, 1 Eigelb schlagen und darüberpinseln (evtl. mit einem Esslöffel Weinbrand anreichern), bei etwa 170° C etwa 70 min auf mittlerer Schiene backen, nach etwa 50 min mit Alufolie abdecken, damit der Fladen nicht verbrennt. Heiß aus dem Ofen mit etwas Zucker bestreuen.

Guten Appetit und fröhliche Ostern!

PS: Die überzähligen Eiweiße kann man zu Makronen, Baisers oder Hohlhippen verarbeiten.      (H.-O. S.)

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