Schimpfwort des Monats

Die Autoren der Streitschriften pflegten eine starke und sehr bildhafte Sprache. In einer Zeit, in der die Alphabetisierungsrate sehr niedrig lag, war es ein probates Mittel, den Gegner durch Beschimpfung wirksam und einprägsam zu charakterisieren und zu beschreiben, um so die eigene inhaltliche Argumentation zu verstärken. Die polemische Sprache ist auch als Ausdruck der starken inneren Beteiligung der Kontrahenten zu verstehen. An dieser Stelle werden einzelne Invektiven aus dem Schriftencorpus im Zitat nachgewiesen und erläutert.

Interimsmeister, Interimsschmied

"Vnd ob die Jnterimmeister schon ein wenig anders den handel durch jre Jnterim ferben [beschönigen] vnd auff die Ceremonien alse adiaphora listiglich dringen, so ist doch das die meinung, das sie alle Bapstgrewel wollen wider einfüren, [...]." ([Johannes Aepin], Bekenntnis und Erklärung aufs Interim (1548), unsere Edition Bd. 1, Nr. 9, S. 290,810)

Das Wort "Interim" wurde nach dem Erlass des Augsburger Interims 1548 zu einem Kampfbegriff (vgl. unseren Artikel "Interim"), der dazu diente, um gegenüber der Leserschaft ein angeblich widerrechtliches, ärgerliches, kirchenspalterisches Verhalten anzuprangern, ohne dabei längere Argumentationsgänge zu benötigen.

Das obige Zitat stellt ein frühes Beispiel für die Übertragung des Begriffs "Interim" aus dem reichsreligionspolitischen Kontext in denjenigen der kursächischen Kirchenpolitik dar. Johannes Aepin kritisierte hier nämlich die Wittenberger Theologen für ihre Nachgiebigkeit gegenüber der kaiserlichen Forderung nach Umsetzung des Augsburger Interims. In der von den Wittenbergern vorgetragene Lehre von den Adiaphora (den freigelassenen Mitteldingen) erkannte er nichts als Schönfärberei. Letztlich ginge es jedoch einzig und allein um die Wiedereinführung der vorreformatorischen Zeremonien und aller "Bapstgrewel".

Aepin attackierte darum die Wittenberger Theologen, indem er sie als "Interimmeister" bezeichnete. Er wollte sie damit polemisch als besonders befähigte Personen in der Wortdrechselei brandmarken, die eben dadurch den Menschen Sand in die Augen streuten, anstatt klar und deutlich gegen das Augsburger Interim Stellung zu beziehen.

[J.M.L.]

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