Schimpfwort des Monats

Die Autoren der Streitschriften pflegten eine starke und sehr bildhafte Sprache. In einer Zeit, in der die Alphabetisierungsrate sehr niedrig lag, war es ein probates Mittel, den Gegner durch Beschimpfung wirksam und einprägsam zu charakterisieren und zu beschreiben, um so die eigene inhaltliche Argumentation zu verstärken. Die polemische Sprache ist auch als Ausdruck der starken inneren Beteiligung der Kontrahenten zu verstehen. An dieser Stelle werden einzelne Invektiven aus dem Schriftencorpus im Zitat nachgewiesen und erläutert.

Mameluck (Mammeluck)

Drei Mamluken zu Pferde. Radierung von Daniel Hopfer (um 1470 - 1536).
„Dis hab ich darumb vom Eißleben [Johann Agricola] anzeigen wollen, auff das jederman wüste, was von diesem mameluck vnd dem gantzen Interim [dem Augsburger Interim von 1548] zu halten sey, vnd welchem man diese zurstörung, verfolgung vnnd jamer der Kirchen billich zuschreibet.“ (Christianus Lauterwar [= Matthias Flacius Illyricus], Wider das Interim (1549); unsere Ausgabe Bd. 1, S. 765,3–6)

Das arabische Wort „mamlūk“ bedeutet „eigen, in Besitz genommen“. Es bezeichnet Sklaven, häufig christlicher Herkunft, die für den Kriegsdienst herangezogen wurden. Der Kauf und Verkauf solcher Sklaven erfolgte meist kurz vor oder während der Pubertät, da die körperlichen Fähigkeiten der Kinder zu diesem Zeitpunkt allmählich sichtbar wurden, sie aber dennoch ideologisch von ihrem neuen Herrn für seine Zwecke weiterhin gut formbar waren. Im 13. Jahrhundert gelang es den Mamlūken in Ägypten ein eigenes Reich zu errichten, das in seiner Glanzzeit bis Syrien reichte, jedoch 1516/17 von den Osmanen erobert werden konnte.

Während der Reformationszeit wurde die Bezeichnung „Mamelucke“ dann sowohl von Altgläubigen wie Evangelischen in der konfessionellen Auseinandersetzung verwendet, um den Gegner als Glaubensabtrünnigen zu kennzeichnen. Der Begriff wurde dabei von keiner der beiden Seiten auf eine spezielle Gruppe ausschließlich angewendet, sondern besaß allgemeinen Charakter. Jeder, der in den Augen eines anderen vom wahren Glauben abwich, konnte so bezeichnet werden. Daher wurde die Verwendung des Worts „Mameluck“ auch in den Streitigkeiten innerhalb der Wittenberger Reformation zu einem gern genutzten Kampfbegriff, um den Gegner als Ketzer und Glaubensverräter zu diskreditieren.

Lit.: Peter Thorau, Art. Mamlūken, in: LexMA 6 (1993), 181–183; Art. Mameluck, in: DWb 12, 1518; Friedrich Lepp, Schlagwörter der Reformationszeit, Leipzig 1908, 49–52.                        (J. M. L.)

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