Schimpfwort des Monats

Die Autoren der Streitschriften pflegten eine starke und sehr bildhafte Sprache. In einer Zeit, in der die Alphabetisierungsrate sehr niedrig lag, war es ein probates Mittel, den Gegner durch Beschimpfung wirksam und einprägsam zu charakterisieren und zu beschreiben, um so die eigene inhaltliche Argumentation zu verstärken. Die polemische Sprache ist auch als Ausdruck der starken inneren Beteiligung der Kontrahenten zu verstehen. An dieser Stelle werden einzelne Invektiven aus dem Schriftencorpus im Zitat nachgewiesen und erläutert.

Polterkopf

Da lobet man vber die mas diejenigen, die solche weltliche Anschlege billichten vnd anrichten, als für friedliebende, verstendige vnd glimpffliche, feine Menner. Welche aber das Widerspiel theten, die würden als haderhafftige, freueliche, trutzige Stürmer vnd Polterköpff abgesetzt vnd jnen das Küethor gewiesen. (Weimarer Konfutationsbuch, T 2v, unsere Ausgabe Bd. 5, S. 481,27-483,2)

Der Ausdruck "Polterkopf" bezeichnet einen Unruhestifter, Rabauken und Maulhelden. Das Weimarer Konfutationsbuch wendet sich gegen eine ganze Reihe zeitgenössischer Fehlentwicklungen in der Lehre; es beklagt, dass die Verteidiger des lutherischen Bekenntnisses als Aufrührer und Streithämmel abgestempelt und ins Exil getrieben wurden (man wies ihnen das Kuhtor), während die Vertreter fauler Kompromisse als verständige Ireniker geschätzt wurden. Im Grimmschen Wörterbuch findet sich das Wort nicht, wohl aber die verwandten Stichwörter "Polterer" (Rabauke, Unruhestifter), "poltern" (lärmen, insbes. aufbrausen, eifern, zanken; jmdn. anfahren, heftig schelten) und "polterisch" (aufbrausend).

Vgl. Art. Polterer, in: DWb 13, 1989f; Art. poltern 1.c; 2.a), in: DWb 13, 1992; Art, polterisch, in: DWb 13, 1990f.

(H.-O. S.)

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