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Klagerede Martin Luthers (VD16: G 278)

Gallus, Nikolaus (eigentlich Hahn) (erschlossen)

Klagrede D. Martini
Lutheri vnd vrteil / von gegenwer=
tigen etlichen hendeln vnd iamer
dieser zeit.
Matth. 7.
Sehet euch für / für den falschen Prophe=
ten / die in schafskleidern zu euch kom(m)en / jn=
wendig aber sind sie reissende wolffe / An jh=
ren früchten solt jr sie erkennen.
Gedruckt zu Regenspurg /
Durch Hansen Khol.

Herausgeber:
Gallus, Nikolaus (eigentlich Hahn) (auf Titel)
Gegner:
Major, Georg (aus Text oder Kolophon) ; Agricola, Johann (auch: Schnitter, Eisleben, Islebius, Sneider, Sartor) (aus Text oder Kolophon) ; Osiander, Andreas (aus Text oder Kolophon) ; Adiaphoristen (aus Text oder Kolophon) ; Interimisten (aus Text oder Kolophon)

Druck

Erscheinungsort
Regensburg (auf Titel)
Drucker
Kohl, Hans (auf Titel)
Erscheinungsjahr
1554 (erschlossen)
Kommentar Druck
Ornament auf Titelblatt, bei HAB falsch als 7 Bl. 8° aufgenommen.
Umfang und Format
15 Bl. 4°
VD 16-Nummer
G 278
Bestandsnachweis HAB
280.8 Theol. (10)
Weitere Exemplare
386.32 Theol. (16); 463.22 Theol. (8); Li 5530 Slg. Hardt (69, 1406)
Digitalisat
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Vorwort

Autor
Gallus, Nikolaus (eigentlich Hahn) (aus Text oder Kolophon)

Inhaltsbeschreibung

Kontroverse
Allgemeiner Druck
Kommentar
Reaktion von Gallus auf die nur wenige Wochen vorher anonym in Basel erschienene Schrift „Querela Lutheri seu somnium“ von Joachim Camerarius (C 522). In seiner Vorrede erklärt Gallus, auf die im März erschienene Schrift eines lateinischen Träumers reagieren zu wollen, in der Luther wie von den Papisten angegriffen werde und gefordert werde, daß man sich mit den Papisten "zeitlichs friedens vnd einigkeit halben" einigen solle, wodurch der Autor und seine Genossen offenbarten, was sie noch vorhätten. Der Autor fürchte aber, für seine Schrift verantwortlich gemacht zu werden und habe sie deshalb anonym und als Traum und Rede Luthers veröffentlicht. Er tue so, als ob Luther seine eigene Lehre verdamme und zu den Kompromissen mit den Papisten rate. Er nutze die lateinische Sprache, um die gebildeten zu erreichen und hoffe damit "das schöne werck darnach leicht bei anderen zufürdern / die zum mehren teil sonst der Religion nit viel achten". Diesem Traum werde deshalb das vorliegende Buch entgegengestellt und mit gleichen Mitteln geantwortet, aber auf Deutsch, damit der gemeine Christ vor der Epikureischen Weisheit gewarnt werde. Die Schrift sei Gallus von einem Freund zugesandt worden, er habe sie mit diesem Vorwort versehen, damit sie nicht ganz ohne Namen erscheine. Wenn sich der Autor der anderen Schrift zu ihr bekenne, werde auch sein Freund sich offenbaren, denn er "pflegt sonst seins namens vnd handels nit schew zutragen." Die eigentliche Schrift ist präzise auf den Mai 1554 datiert und fingiert anfangs einen inneren Monolog. Der Autor sei in seinem Garten spazieren gegangen und habe über den Zustand der Kirche nach Luthers Tod, das allgegenwärtige Unheil und den Tod Johann Friedrichs nachgedacht und sich gefragt, was weiteres kommen werde. Offenkundig sei schon die Verwüstung von Land und Leuten; die Papisten, Sakramentierer, Schwenckfelder gingen in vollem Schwang. Zudem gebe es falsche Brüder, die sich für die besten beim Evangelium hielten und die Wahrheit verkehrten zu einer epikureischen, philosophischen Religion. Die Hauptaufgabe sei in Zukunft, dem entstandenen Schaden zu begegnen und künftigem zuvorzukommen. Der Autor habe weiter über die verantwortlichen hochgelehrten Personen nachgedacht und sei darüber in Verzweiflung geraten und habe Gott um Hilfe angerufen: Wenn Luther doch hier wäre, er hätte der Situation wehren können. Über diese Klage sei er unter einem Baum eingeschlafen und im Traum Luther begegnet. Der habe ihm auf seine Klage geantwortet, auch er sei über den Zustand der Kirche bekümmert. Darüber, daß sein Kurfürst in Jammer und Schaden gekommen sei, daß sein Vaterland verderbt sei und die Deutschen die Wahrheit verleugneten und sich dem Tridentinum unterworfen hätten. Daß sie das Interim und die Adiaphora als Vorbereitung und Anfang des Papsttums angenommen und die Bekenner dem Antichrist zu Gefallen verfolgt hätten. Daß die wahre Kirche der babylonischen Hure zur Magd gegeben sei. Von seinen Schülern, die zu seinen Lebzeiten kühne Helden waren, würde schier niemand Widerstand leisten und warnen, "ausgenomen was der Herr Amsdorff / vnd andere wenig arme Baccalaurien vnd schülerlin schwechlich gethan haben". Es breche ihm das Herz, wie seine vornehmsten Schüler versagt hätten. Allerlei Neuerung werde unter seinem Namen verkauft, Osiander schmücke sich mit seinen, Luthers, Schriften, "Die wercklichen meister vnd glossirer des Interims / Scheislebe vnd seine verwanten / thun dergleichen". Auch die Adiaphoristen und Major würden ihre Verfälschung beschönigen, obwohl sie es alle besser wüßten. Neulich sei eine Schrift "Querela Lutheri" erschienen (in diesem Zusammenhang fällt die u.a. Qualifizierung des Autors), in der alle Verfälschung der Lehre Luther zugeschrieben werde und er so dargestellt werde, als habe er widerrufen. Der Autor der Schrift lüge, daß sich die Balken biegen und behaupte, Luther habe viel ungereimtes Zeugs geschrieben. Luthers falsche Brüder würden sich wünschen, daß keines seiner Bücher mehr erhalten wäre, um desto freier eine Religion nach ihrem Geschmack erdichten zu können. Der Autor rede über Luthers Eifer aufs schimpflichste, als ob ihn dieser gereue, und als ob man in diesen Zeiten ohne Eifer alles mit Stillschweigen einführen solle. Er wolle den stinkenden Dreck des Buchs nicht länger anrühren. Der Träumende erklärt daraufhin, Luthers Gegenwart nutzen zu wollen, und spricht seine Traumgestalt an: "Es wird etliche Zeit her von etlichen Sachen hart gestritten / vnd dasselbig von nit geringen leuten / dauon billich ein jeder Christ / weil es fast jeden mit trifft / jhm ein bericht vnd waren verstand zuhaben begeret." Er fragt Luther nach seiner Meinung zum Interim "Jch meine nit das grosse Augspurgische / das Satan gar zu schwartz ist / also das on not / euch desselben halb in sonderheit zufragen / Denn da zweiuelt niemands das es vnrecht sei / ausgenomen was willig blind sein wil. Aber in dem kleinen Meisnischen Interim / mit den Adiaphoris oder Mitteldingen / da ist ein subtiler vnd schneeweisser Teuffel / der auch viel gelerter frommer leut anfenglich hat betrogen vnd irre gemacht". Denn es sei ja von hochgelehrten Leuten nicht nur verteidigt, sondern selbst angestiftet worden, die Luthers Freunde gewesen seien, während die Kritiker nur "schlechte Baccalaurien / das sich auch viel leut an den Personen ergern / jhren halben an der warheit zweiueln / oder ob sie die erkennen / doch nit wol offentlich bekennen dörffen". Der Traum-Luther antwortet darauf hin, er habe oft zum Bleiben bei Gottes Wort ermahnt, "auf das / wenn sich ein reuterung in der kirchen erheben würde / sie der warheit gewis weren vnd nit von einem jeden winde newer lere getrieben würden." Er habe aber soviel Verachtung für das Wort erfahren, daß er oft geweissagt habe, die Seinen würden sich allzubald von der Wahrheit abbringen lassen. Er habe tausend Mal vor Adiaphora und Kompromissen mit den Papisten bei Zeremonien gewarnt, so lange nicht eine Einigung in der wahren Lehre vorangegangen sei. Der träumende Autor fährt als Stichwortgeber fort und fragt, ob man nicht eine derart gelinde Form der Lehre suchen müsse, daß sich auch die Gegenseite nicht daran stoße, indem man etwa das Wort "sola" aufgebe und die guten Werke als nötig zur Seligkeit lehre. Darauf antwortet Luther mit tiefem Seufzen, ihm habe vor dieser Art Kompromißbereitschaft immer gegraut, weshalb er eine Einigung mit den Papisten gefürchtet habe, denn dann wäre die wahre Religion schon verloren. Er habe außerdem oft gewarnt, nicht auf Personen, sondern auf die Lehre zu achten. Etliche seiner Schüler würden sich nun Prärogative anmaßen und sich verhalten, als hätten sie seine Gaben geerbt. Man solle seine Prophezeiungen über das künftige Straucheln seiner Gesellen weiter verbreiten, damit man ihnen nicht alles glaube. Von seinen Ratschlägen gegen die Adiaphora seien viele noch vorhanden, etwa 1530 geschriebene, wo man in Augsburg schon gegen seine Willen gehandelt habe. Auf die Frage nach Woher und Wohin der Kriege in Deutschland antwortet Luther, sie seien Ausdruck von Gottes Zorn über die Verachtung der Wahrheit. Der Teufel habe zudem durch Mönche und Bischöfe die Potentaten beeinflußt, daß dieser Krieg wichtiger sei als der gegen die Türken, so daß man mit den Türken Frieden geschlossen habe, um Christen verfolgen zu können. Dritte Ursache seien die allgegenwärtige Habsucht. Die Prediger sollten dagegen die wahre Buße predigen. Wenn die Kriege weiter gingen, sei das der Zorn Gottes über unzureichende Bußfertigkeit; er prophezeie, daß die Kriege nicht so bald aufhören würden, das Urteil gründe er auf die Aussagen der Schrift. Die Strafe werde auch über die Gottlosen kommen und "vnsere zarte Euangelischen / so diese zeit vmb Christi willen nichts haben wollen leiden" und die falschen Brüder treffen, die sich auch über den Fall des lieben Kurfürsten, der armen Magdeburger und anderer Bekenner gefreut hätten. So werde der Krieg noch lange fortdauern. Abschließend bittet der träumende Autor Luther noch um Rat, wie der Jammer gewehrt werden könne. Luther antwortet, es gebe einen Weg, doch er fürchte, die Leute würden sich nicht darum kümmern, wozu sie schändliche Leute auch unter den Theologen anleiten würden, die aus Vernunft und Weltwitz dem armen Deutschland andere Wege zeigen wollten, die dahin gingen die Menschen zu versöhnen, aber Gott zu erzürnen. Der einzige Weg sei aber, seine Sünde frei zu erkennen und bekennen, Christus um Verzeihung zu bitten und sein Leben zu bessern. Das hätten die Deutschen tun sollen, doch das Gegenteil sei geschehen. Die Schrift schließt mit den Worten: "Also habt jr / mein freund / was jr von mir jetzt zuwissen begert habt / Welchs doch niemand darumb verachten sol / das es euch hie im traum gesagt wird / sondern jederman mit fleis zu hertzen füren / als Gottes wort / das ich gleicherweis in meinem leben / eben also geredt vnd verkündigt habe / on das es etliche wissentlich jetzt nit mehr wissen wöllen / oder so sie es wissen / doch mutwilliglich verkeren. Sei nun hiermit gewarnet wer da wil / wer sich nit wil lassen warnen / der fare hin / warte darüber seines gerichts."

Zitierhinweis

Klagerede Martin Luthers, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/ceb822c6-e32d-45bd-a95b-043c602c7f28>. (Zugriff am 26.04.2024)

Dieser Text steht unter einer CC BY 4.0 Lizenz.

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