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David, Ferenc (Franz Davidis)

GND: 102446040

geb. um 1520 in Kolozsvár/Klausenburg (Siebenbürgen), gest. 15.11.1579 auf Feste Deva (Siebenbürgen), ungar. Theologe, Superintendent, Lutheraner, dann Unitarier

Geb. als Sohn eines deutschen Schusters und einer ungarischen Mutter in Siebenbürgen, besuchte D. die Schule in seiner Heimatstadt und später in Weissenberg (Gyulaféhervár). Von 1545 bis 1548 studierte er in Wittenberg, weitere Studienorte (Frankfurt, Padua) sind ungewiss. Nach seiner Rückkehr nach Siebenbürgen wurde er erst Rektor in Bistritz (Besztercze), danach lutherischer Pastor in Petersdorf (Péterfalva), Rektor in Koloszvar und schließlich 1556 als Nachfolger von Kaspar Heltai (Helth) lutherischer Pastor in seiner Heimatstadt. Hier bekämpfte er seit 1553 in Streitschriften gemeinsam mit Heltai und Peter Melius den aus Königsberg gekommenen Francesco Stancaro wegen dessen Christologie als Nestorianer und führte eine Reihe von Beschlüssen lutherischer Synoden gegen ihn herbei. Als Stancaro 1557 nach Koloszvar kam, hielt D. eine öffentliche Debatte mit ihm, in deren Verlauf Stancaro Melanchthon als Arianer angriff und später seine Thesen in Druck ausgehen ließ (Collatio Doctrinae Arrii et Melanchthonis…, Pinczów 1558). Die Pastoren von Koloszvár antworteten mit einer „Apologia adversus … Stancari“. Unter dem Einfluss von Peter Melius wandte sich D. der calvinistischen Abendmahlslehre zu. Gemeinsam veröffentlichten sie 1559 eine Confessio mit einer reformierten Abendmahlsauffassung. Daraufhin wurde D. von einer gemeinsamen Synode der Lutheraner im habsburgischen und ungarischen Teil Ungarns in Medgyes von den Deutschen als Sakramentierer ausgeschlossen. Auf einer zweiten Synode 1561 trat er als Vertreter der ungarischen Kirche auf und führte eine hitzige Debatte um die Abendmahlslehre, doch die drohende Spaltung der Synode konnte noch einmal verhindert werden. An der Generalsynode von Nagyenyed 1564 kam es dann zur Spaltung zwischen den lutherischen und calvinistischen Gemeinden in Ungarn, D. wurde Superintendent der Reformierten in Transsylvanien. Auf Empfehlung des italienischen Leibarztes des ungarischen Regenten Jan Sigismund Zapolyai, Giorgio Biandrata, wurde D. Hofprediger in Weißenburg. Unter dem Einfluss von Biandrata wandte sich D. in der Folgezeit einer unitarisch-antitrini­ta­rischen Christologie zu und vertrat diese ab 1566 auch in der Öffentlichkeit. Er stieß auf den Widerstand seines bisherigen Weggenossen Melius, der auch Warnbriefe Bullingers und Bezas an den ungarischen Regenten initiierte. Im Februar 1566 berief D. eine Synode nach Weißenburg ein, auf der seine Thesen diskutiert wurden. Im selben Jahr veröffentlichte er eine überarbeitete Fassung des Heidelberger Katechismus, in dem die Wesensgleichheit der drei Personen zurückgewiesen wird. Schon im Folgejahr gingen Biandrata und D. auf einer Synode in Torda noch weiter und vertraten ein arianisches Glaubensbekenntnis, nach dem der Sohn dem Vater untergeordnet und der Geist keine Person, sondern eine Kraft Gottes sei. Eine Gegensynode der Trinitarier in Debrecen unter Leitung von Melius verurteilte David mit zwei Erklärungen. Dagegen verfasste D. zwei Schriften, die 1568 erschienen und eschatologische Gedanken in der Nachfolge Servets erkennen lassen. Bei einer Disputation von Reformierten und Antitrinitariern am Hof Jan Sigismunds in Weißenburg beanspruchten die Unitarier und Führung D.s den Sieg; er kehrte nach Koloszvár zurück. Die Stadt folgte ihm in seinem Bekenntnis, zahlreiche Lutheraner verließen die Stadt. Auf einer zweiten Debate 1569 in Großwardein (Nagyvarad) war die Spaltung der ungarischen Kirche nicht mehr zu verhindern; anders aber als in Polen stellte die unitarische Seite die größere Gruppe von Pastoren und erfreute sich der Unterstützung des Herrschers, der führenden Adeligen und auch der Mehrheit der Bevölkerung. D. bemühte sich um Schulen und Akademien, stabilisierte die Organisation der Kirche und erreichte bei Jan Sigismund 1571 kurz vor dessen Tod die Unterstützung für eine Erklärung der Religionsfreiheit, die die Unitarier gleichberechtigt stellte. Unter dem Nachfolger Stefan Bathory verlor der Unitarismus sofort die Unterstützung des Hofes, blieb aber noch toleriert. D.s Lehren wurden in Deutschland von Zanchi, Major und Beza mit Streitschriften bekämpft. In den folgenden Jahren wandte sich D. auch wiedertäuferischen Ansichten zu und vertrat zudem die Lehre der non-adoratio, der Nichtanbetung Christi. Darüber kam es zum Streit mit Biandrata und Sozzini. Als eine Synode der Unitarier 1578 die Lehre offiziell annahm, erreichte Biandrata auf Grundlage eines Landtagsbeschlusses gegen neue Lehren, dass D. in Festungshaft genommen wurde, wo er starb.

ADB, NDB, RE, RGG3, TRE, BBKL, LThK

Deutsches Biographisches Archiv (DBA): I 223,357-400; II 255,142-160; III 165,119

Ungarisches Biographisches Archiv (UBA): 132,1-88; G25,29

Quellen

1562
Defensio orthodoxae sententiae de caena Domini ministrorum ecclesiae Claudopolitanae ... <dt.>; B 2207  (Autor)
1568
Commonefactio ad ecclesiam catholicam; M 2015  (Gegner)
Refutatio Scripti Maioris; ZV 25355  (Autor)

Zitierhinweis

David, Ferenc (Franz Davidis), in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/f9bd643c-4762-41fd-b3f2-a30946211064>. (Zugriff am 26.04.2024)

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