Schimpfwort des Monats

Die Autoren der Streitschriften pflegten eine starke und sehr bildhafte Sprache. In einer Zeit, in der die Alphabetisierungsrate sehr niedrig lag, war es ein probates Mittel, den Gegner durch Beschimpfung wirksam und einprägsam zu charakterisieren und zu beschreiben, um so die eigene inhaltliche Argumentation zu verstärken. Die polemische Sprache ist auch als Ausdruck der starken inneren Beteiligung der Kontrahenten zu verstehen. An dieser Stelle werden einzelne Invektiven aus dem Schriftencorpus im Zitat nachgewiesen und erläutert.

Mordbrenner

"Der Teüfel fület, daß der Jüngste tag nahe ist, da er sampt seinen Papisten, Jnterimisten vnnd vnchristen in den fewrigen pfuol soll gestürtzet vnd geworffen werden, Apocal. 19., 20., 21. cap [Apk 19,121,27]. Darumm plaget er vnns mit seinen Mordbrennern. Aber Gott sey lob, das vnser fewr nur zeytlich ist. Dargegen ist jr fewr ewig." (Erasmus Alber, Dialogus vom Interim (1548), unsere Edition Bd. 1, Nr. 11, S. 604,2327)

Als "Mordbrenner" wurde eine Person bezeichnet, die Brände legte und dabei keine Rücksicht auf Menschenleben nahm. Im Gegenteil, der es gerade darum ging, mit Hilfe des Brandes andere Menschen umzubringen.

Erasmus Alber verwendete diesen Begriff in seiner Schrift vor dem Hintergrund des gerade für die Evangelischen verlorenen Schmalkaldischen Krieges. Er wollte damit die Intentionen der Gegner offenlegen, denen es lediglich um Raub, Mord und Brand zu tun sei, um damit die evangelische Lehre, d.h. nach Alber, die göttliche Wahrheit, zu unterdrücken.

In seiner Schrift wendete Alber diesen Begriff ganz konkret auf Heinrich den Jüngeren, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel an (vgl. unsere Edition Bd. 1, Nr. 11, S. 591,2f; 644,13f; 689,10f). Dem Herzog wurde wiederholt publizistisch vorgeworfen, vor dem Hintergrund seiner Auseinandersetzungen mit niedersächsischen Städten (z.B. Goslar und Braunschweig) Mordbrennereien in Auftrag gegen zu haben (vgl. z.B. das Lied: "Ach du arger Heintze, || was hastu gethan, || daß du viel frommer menschen || durchs feuer hast morden lan! || des wirstu in der helle || leiden große pein, || Lucifers geselle || mustu ewig sein. Kyrieleison.) Die schmalkaldischen Bundesstände richteten daher auf dem Reichstag von Regensburg 1541 eine Supplication an den Kaiser, in der sie die Vorwürfe gegen den Herzog bündelten und die ihn belastenden Aussagen der verhafteten Mordbrenner auflisteten. Schließlich führten die schmalkaldischen Bundesstände 1542 Krieg gegen Heinrich und vertrieben ihn aus seinem Herzogtum.

Lit.:

Art. Mordbrenner, in: DWb 12, 2535f.

Ludwig Bechstein, Die Mordbrenner und ihre Zeichen, in: Deutsches Museum für Geschichte, Literatur, Kunst und Alterthumsforschung, hg. v. Ludwig Bechstein, Band 1, Jena 1842, 307–320; Band 2, Jena 1843, 309–316.

Georg Kuhaupt, Veröffentlichte Kirchenpolitik. Kirche im publizistischen Streit zur Zeit der Religionsgespräche (15381541), Göttingen 1998 (FKDG 69), 144153, 262289.

Rochus v. Liliencron, Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert. Band IV, Leipzig 1869 (ND Hildesheim 1966), Nr. 476, S. 175.

Supplication kaiserlicher Majestät auf dem Regensburger Reichstag 1541 übergeben, in: Friedrich Hortleder, Von den Ursachen des teutschen Krieges ..., Bd. 1, Frankfurt/Main 1617, Buch 4, Kap. 26, S. 694705.

[J.M.L.]

 

 

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