Schimpfwort des Monats

Die Autoren der Streitschriften pflegten eine starke und sehr bildhafte Sprache. In einer Zeit, in der die Alphabetisierungsrate sehr niedrig lag, war es ein probates Mittel, den Gegner durch Beschimpfung wirksam und einprägsam zu charakterisieren und zu beschreiben, um so die eigene inhaltliche Argumentation zu verstärken. Die polemische Sprache ist auch als Ausdruck der starken inneren Beteiligung der Kontrahenten zu verstehen. An dieser Stelle werden einzelne Invektiven aus dem Schriftencorpus im Zitat nachgewiesen und erläutert.

Stürmer

Da lobet man vber die mas diejenigen, die solche weltliche Anschlege billichten vnd anrichten, als für friedliebende, verstendige vnd glimpffliche, feine Menner. Welche aber das Widerspiel theten, die würden als haderhafftige, freueliche, trutzige Stürmer vnd Polterköpff abgesetzt vnd jnen das Küethor gewiesen. (Weimarer Konfutationsbuch, T 2v, unsere Ausgabe Bd. 5)

Stürmer nannte man insbesondere Soldaten, die im Kampf oder bei einer Belagerung voranstürmten (man vergleiche heute etwa die Funktion der Stürmer im Fußball). Im pejorativen Sinne bezeichnete man so Aufrührer, die gegen die vorhandene Ordnung aufbegehrten und anstürmten. Das Konfutationsbuch beklagt, dass die Verteidiger des lutherischen Bekenntnisses als Aufrührer abgestempelt und ins Exil getrieben wurden (man wies ihnen das Kuhtor), während die Vertreter fauler Kompromisse als verständige Ireniker geschätzt wurden.

Vgl. Art. Stürmer 1.a) u. b), in: DWb 20, 625-627.

(H.-O. S.)

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