Zuckerprediger
„Das Widerspiel finden wir, das man falschen Propheten, falschen Aposteln, auffrürischen Geystern, offentlichen Orenkrewern, truglichen zungen [Betrügern], Zucker Predigern, philosophischen Wortkrämern, fleischlichen newlungen [Neuerern], Keysers lesterern etc. nicht gleuben noch folgen, sondern solche fliehen vnd meyden sollen.“ (Georg Witzel, Beständige Antwort (1549), B 3r–v, in: unsere Edition Bd. 1, 809,6–10).
Das Wort „Prediger“ findet sich in der Reformationszeit mit zahllosen Zusammensetzungen als beliebter Schmähbegriff. Während reformatorische Schriftsteller die Altgläubigen als Traumprediger, Lumpenprediger, Winkelprediger usw. bezeichneten, finden sich in der altgläubigen Polemik gegen reformatorischen Theologen Begriffe wie Heuchelprediger, Hundsprediger, Ketzerprediger usw.
Georg Witzel hatte sich zunächst der reformatorischen Lehre angeschlossen, war dann zu Beginn der dreißiger Jahre des 16. Jahrhunderts aber wieder zur römischen Kirche zurückgekehrt. Mit dem hier in einer ganzen Kaskade von Schimpfworten auftauchenden Begriff „Zuckerprediger“ brandmarkt er die angeblich süße, falsche, nur auf Trost und Vergebung der Sünden durch Christus ausgerichtete Predigt der Reformatoren. Ausgangspunkt für die Bildung dieses Schlagworts ist wohl Röm 16,17f, wo Paulus die Gemeinde in Rom vor denjenigen warnt, die durch „süße Worte“ „Zertrennung und Ärgernis anrichten“.
Lit.: Lepp, Schlagwörter, 89f, 110–118; Art. Zuckerprediger, in: DWb 32, 309; zu Witzel: Barbara Henze, Aus Liebe zur Kirche Reform; RGG4 8; TRE 36. (J. M. L.)