Personen und Personengruppen
Musculus, Andreas
GND: 118785478
lutherischer Theologe. 1514 in Schneeberg in Sachsen geboren, immatrikulierte sich M. nach dem Besuch der Lateinschule seiner Heimatstadt im SS 1531 an der Universität Leipzig. Am 21. Februar 1534 erreichte er dort den Grad des Baccalaureus Artium. Nachdem er drei Jahre lang als Lehrer junger Edelleute in Amberg sein Geld verdient hatte, immatrikulierte er sich im SS 1538 in Wittenberg, wo er am 18. September 1539 zum Magister promoviert wurde. Nach seiner Heirat mit der Schwägerin Johann AGRICOLAs wurde er 1542 Professor in Frankfurt an der Oder und zugleich Prediger an der Franziskanerkirche dieser Stadt. Zunächst waren M. und der Pfarrer Johannes LUDECUS die einzigen Dozenten der Fakultät, doch beide ohne Doktortitel. Auf Bitten der Fakultät sollte der Stendaler Pfarrer Konrad CORDATUS, ein Wittenberger Doktor, die Doktordisputation mit Thesen vollziehen, die von MELANCHTHON formuliert worden waren. Als CORDATUS auf der Reise nach Frankfurt/Oder verstarb, übernahm der Zerbster Superintendent Theodor FABRICIUS, ebenfalls Wittenberger Doktor, 1546 die Promotion. Kurze Zeit nach seiner Dissertation setzte M. Thesen über die Lehre vom Fasten, über die Taufe Johannes des Täufers und den Begriff der Buße auf, über die er mit LUDECUS und der Wittenberger Fakultät in Streit geriet. MELANCHTHON reagierte auf diese Thesen am 12. April 1546 mit einem langen Schreiben, mit dem er versuchte, seinen ehemaligen Schüler zu belehren und zu beschwichtigen. Überdies schickte er der Frankfurter Fakultät ein Schreiben de vocabulo poenitentiae. Doch blieb das Verhältnis zwischen MELANCHTHON und M. seit diesem Vorfall getrübt. Als LUDECUS zum Nachfolger des CORDATUS nach Stendal berufen wurde, rückte M. in dessen Ämter als Pfarrer an der Oberkirche und als Ordinarius der theologischen Fakultät nach und wurde zum Rektor der Universität gewählt. Über lange Zeit hinweg blieb M. der einzige theologische Dozent der Viadrina. Erst 1564 wurde Christoph CORNERUS neben ihm zum Professor der Theologie ernannt. Nach AGRICOLAs Tod wurde M. 1566 zum Generalsuperintendent der ganzen Mark ernannt. Trotz seines verwandtschaftlichen Verhältnisses mit AGRICOLA bekämpfte M. das Interim. Im Verlauf des Osiandrischen Streites kam es zu Auseinandersetzungen mit dem aus Königsberg nach Frankfurt/Oder gewechselten Francesco STANCARO. Im Herbst 1552 führten beide Kontrahenten in Berlin eine Disputation über das Mittleramt Christi unter den Augen des Kurfürsten JOACHIM II. durch, bei der AGRICOLA, der als Schiedsrichter fungierte, M. Recht gab. Nach seiner Konversion zum römischen Katholizismus warf Friedrich STAPHYLUS M. mit gewissem Recht vor, gelehrt zu haben, Christus sei auch seiner göttlichen Natur nach gestorben. 1558 brach der Streit um den tertius usus legis aus zwischen Abdias PRAETORIUS, der den Satz nova oboedientia est necessaria vertrat und M., der ihn ablehnte. Es kam zu einem heftigen Schlagabtausch, der teilweise auch unter Beteiligung der Öffentlichkeit in Drucken ausgetragen wurde. Im Februar 1562 gab PRAETORIUS auf und verließ die Mark. Doch der Hofprediger BUCHHOLZER führte seine Sache am kurfürstlichen Hofe weiter und erreichte ein Einschreiten des Kurfürsten zu seinen Gunsten. So konnte PRAETORIUS im April 1562 im Triumph nach Frankfurt zurückkehren. Doch bereits im Jahr darauf entschied sich der Hof auf Dauer gegen den Philippismus und für ein calvinismusfeindliches Luthertum. So nahm M. am Torgauer Konvent 1576 teil und arbeitete bei der Abfassung des Bergischen Buches im Frühjahr 1577 mit, aus der dann die Konkordienformel hervorging. Am 29. September 1581 starb M. in Frankfurt/Oder.
RGG4 5, 1593
RE3 13, 577–581
Quellen
- 1551
- De adorando summa veneratione et fide inconcussa; M 7117 (Autor)
- Drei Sermon Lutheri; L 5701 (Herausgeber)
- Gründliche Anzeigung was die Theologen der Mark Brandenburg von der Lehre halten; M 7154 (Autor)
- 1552
- Von der unzertrennlichen Vereinigung in einer Person; L 3478 (Autor des Vorwortes, Herausgeber)
- 1554
- Disputatio de libero arbitrio; ZV 11287 (Autor)
- 1557
- Responsio ad virulentam scriptum Staphyli; M 7208 (Autor)
- 1558
- Defensio pro trimembri theologia; S 8580 (Gegner)
- 1559
- Über die Häufigkeit der Teilnahme an der Kommunion; ZV 11289 (Autor)
- 1561
- Explicatio de bonorum operum; M 7139 (Autor)
- 1561
- Luther, Von guten Werken; L 3504 (Herausgeber)
- 1561
- Können auch die Christen auf die Seeligkeit hoffen, welche selten oder nie am Abendmahl teilnehmen?; ZV 11292 (Autor)
- Themata sive positiones adversus Ubiquitatem; vacat (Autor)
- 1562
- Vom christlichen Leben, Handel und Wandel; P 4629 (Gegner)
- 1562
- Musculus, Vom christlichen Leben und Wandel; M 7220 (Autor)
- 1562
- De Iustificatione et nova oboedientia; P 4604 (Gegner)
- 1562
- Prima responsio ad libellos quinque; M 7199 (Autor)
- 1563
- Responsio ad Scriptum Musculi; P 4624 (Gegner)
- 1563
- Bekenntnis der Studenten in Frankfurt an der Oder; S 9786 (Gegner)
- 1563
- Studiosorum Francofordiensium Confessiones ac defensiones; Der Studenten zu Franckfurt an der Oder Bekentnis und ausfürung. Von der Notwendigkeit des newen Gehorsames und der guten Wercke ... <lat.>; S 9787 (Gegner)
- 1563
- Praetorius, Endlicher Bericht von seiner Lehre; P 4599 (Gegner)
- 1563
- Musculus, Von dem verdammlichen Missverstand; M 7252 (Autor)
- 1563
- Antwort auf Prätorius Schrift; M 7119 (Autor)
- Praetorius, Von der Gottseligkeit der Christen; P 4631 (Gegner)
- 1564
- Secunda responsio ad libellos quinque Mag. Gotschalci Abdiae Praetorij; vacat (Autor)
- 1568
- Musculus, Artikel von der Rechtfertigung; L 3517 (Herausgeber)
- 1572
- [Ohne Titel]; ZV 11301 (Autor)
- 1573
- Musculus, Disputatio de coena dominica; M 7148 (Autor)
- Musculus, Secunda Disputatio de vera praesentia; M 7147 (Autor)
- 1574
- Musculus, Refutatio opposita necessitati physicae locationis in corpore Christi clarificato; M 7207 (Autor)
- 1575
- Articuli de Coena Domini; M 7120 (Autor)
- Disputatio de peccato originis; ZV 23636 (Autor)
- Propositiones de libero arbitrio; M 7200 (Autor)
Zitierhinweis
Musculus, Andreas, in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. <https://www.controversia-et-confessio.de/id/c5dc248d-e6a8-40a5-b989-ee908469e8b7>. (Zugriff am 18.01.2025)
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